Seit ihrer Gründung vor 25 Jahren hat Weserport vor allem in den Ausbau der Infrastruktur investiert und sich zum umschlagsstärksten Hafendienstleister in den stadtbremischen Häfen entwickelt. Nun soll die Abwicklung mit IT-Unterstützung noch effizienter werden.
Fotos: Rhenus SE & Co. KG, Weserport GmbH
Unser Spezialgebiet ist der konventionelle Hafenumschlag“, berichtet Heiner Delicat, Geschäftsführer des vor einem Vierteljahrhundert als Joint Venture der Rhenus Gruppe, von Stute Verkehr und den Stahlwerken Bremen gegründeten Unternehmens Weserport, das inzwischen von Rhenus und ArcelorMittal Bremen geführt wird. „ArcelorMittal ist zugleich unser Anteilseigner und größter Kunde, wir sind aber auch für viele weitere Unternehmen tätig.“ Verladen und gelagert wird vor allem Massen- und Stückgut. Neben Stahl, Erz und Kohle sind das auch Bauteile für Windkraft- und Industrieanlagen sowie Schüttgut aller Art.
Angesiedelt ist der Hafenlogistiker im Ortsteil Oslebshausen jenseits der Industriehafenschleuse, wo Massen- und Stückgut bereits seit gut 100 Jahren die Behältnisse wechseln. Das Areal am rechten Weserufer gilt darüber hinaus als ein Zentrum des bremischen Hafen- und Logistikgewerbes, in dem noch immer rund die Hälfte des stadtbremischen Umschlags erfolgt. Weserport hat dazu seit der Gründung im April 1995 mit insgesamt 195 Millionen Tonnen beigetragen.
Damit solch ein Volumen dort überhaupt umgeschlagen werden konnte, hat das Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten vor allem in den Ausbau der Infrastruktur investiert. „In den ersten Geschäftsjahren mussten zum Beispiel die Hafenanlagen ertüchtigt werden, da sie durch das Sparprogramm der Klöckner-Werke Bremen als vormaligem Eigner in einem schlechten Zustand waren“, erzählt Delicat. Darüber hinaus wurde eine Kranbrücke komplett ersetzt, eine weitere ertüchtigt und modernisiert sowie der vorhandene Portalkran grundsaniert. Auch Gleisanlagen und Flächenbefestigungen wurden modernisiert beziehungsweise erweitert.
Kajenlänge um über 25 Prozent erhöht
„Ein wichtiger Meilenstein war 2006 die Erweiterung unseres Terminals 1 für den kombinierten Verkehr“, so der Geschäftsführer. „Wir konnten die Pier um 120 Meter verlängern, was natürlich die Abfertigung von deutlich mehr Schiffen ermöglicht.“ Ebenso entscheidend war der Kauf des Unternehmens ECL aus Eigenmitteln im Jahr 2007. „Dadurch wurde Weserport Eigentümer und Betreiber des Terminals 4 im Kalihafen, und die bewirtschaftete Kajenlänge erhöhte sich von 1.400 auf 2.000 Meter.“ Zudem stieg das Umschlagsvolumen um eine Million Tonnen auf über neun Millionen Tonnen pro Jahr.
Von besonderer Bedeutung für die Weiterentwicklung des Hafenlogistikers war zudem die Vertiefung der Industriehafenschleuse und der Hafenbecken im Industriehafen zwischen 2013 und 2017. Seitdem beträgt hier die Wassertiefe bis 10,5 Meter – ein großer Vorteil: „Ein zusätzlicher Meter bedeutet etwa 4.000 bis 5.000 Tonnen mehr Ladung pro Schiffsladung bei einem Panamax-Schiff“, erläutert Delicat. „Das hat einen enormen Effekt, da der Transportpreis dadurch deutlich sinkt.“ Eine wichtige Anschaffung war zudem der neue Hafenmobilkran mit einer Tragfähigkeit von 125 Tonnen.
Neben diesen Suprastrukturmaßnahmen wurde auch die IT einem Update unterzogen; das Augenmerk lag jedoch vor allem auf der Kapazitätserweiterung. „In den vergangenen Jahren haben wir die Hafenanlagen mit hohen Investitionen ertüchtigt und konnten uns so zum umschlagstärksten Hafendienstleister in den stadtbremischen Häfen entwickeln“, berichtet Delicat.
Fakten
Gründung: 1995 | Joint Venture von Rhenus Gruppe und Arcelor Mittal Bremen
Geschäftsfeld: neutraler Seehafendienstleister (Güterumschlag, Klarierung, Befrachtung und Stauerei)
Infrastruktur: 4 multifunktionale Terminals
Suprastruktur: Autobahn- und Schienenanbindung
Betriebsfläche: über 330.000 Quadratmeter
Equipment: 8 Krane für schwere Lasten von bis zu 100 Tonnen pro Quadratmeter
Umschlag 2019: 7 Millionen Tonnen
Jahresumsatz der Rhenus Gruppe 2019: 5,5 Milliarden Euro
Satelliten unterstützen die Logistik
Im nächsten Schritt geht es nun darum, noch effizienter zu werden. „Ein Hebel für eine Optimierung der Prozesse ist eine genauere Planung aufgrund von besseren Zahlen“, sagt Delicat. Erreicht werden soll diese beispielsweise durch die satellitengestützte Visualisierung und Steuerung der Abläufe in den Lagern. Zusammen mit dem Bremer Raumfahrtkonzern OHB und vier weiteren Projektpartnern ist bereits gegenwärtig die dreidimensionale Darstellung des Lagers möglich. Bis Mitte 2021 soll dies auf die multifunktionellen Flächen für Stückgut wie insbesondere Stahlrollen, auch Coils genannt, ausgeweitet werden. Noch müssen die dreireihig übereinanderlagernden Stahlrollen für die jeweiligen Logistikprozesse vorher markiert und später zum Teil gesucht werden. Beides kann künftig entfallen: „Bei einer sehr genauen Ortung des Coils signalisiert das System dem Gabelstaplerfahrer genau, wo es eingelagert wurde, und er kann es auf dem kürzesten Weg zielgenau abholen“, betont der Geschäftsführer.
In den kommenden Jahren soll darüber hinaus für das Schüttgut eine automatisierte Bestandsprüfung sowohl für den Im- als auch den Export möglich sein. Dazu muss jegliches erforderliche Equipment wie Greifer, Radlader und Lkw sowie Förderbänder die entsprechenden Daten liefern, sodass eine digitale vollautomatische Lagerbestandsführung möglich ist. „Unser Ziel ist ein Gesamthafen-Planungssystem, das sämtliche Kapazitäten unserer vier Terminals abdeckt“, so Delicat. Dadurch wäre es beispielsweise möglich, die optimale Abfolge der Schiffe vorab zu definieren. Man wüsste auch ganz genau, wie viele Mitarbeiter wann für welche Prozesse benötigt werden. Was heute mehrere Menschen machen, würde künftig ein System übernehmen, das entsprechende Planungsvorschläge macht. Dies würde die Personalkosten reduzieren, die bei einem konventionellen Terminal der Haupttreiber sind. Entsprechend könne man sich mit einem solchen System zukunftsfähiger aufstellen. „Hierbei geht es uns nicht darum, weniger Menschen zu beschäftigen“, betont Delicat, „aber angesichts des Fachkräftemangels brauchen wir Automatisierung, um die Mitarbeiter für manuelle Prozesse effizienter einzusetzen.“
Digitalisierung steht im Mittelpunkt
Besonderen Schub habe die Digitalisierung bei Weserport durch den Eintritt des Co-Geschäftsführers Rudolf Egbert im vergangenen Jahr erfahren. Während Delicat für Vertrieb, Finanzen und Marketing zuständig ist, hat der Informatiker die Verantwortung für die betrieblichen Prozesse im Hafen übernommen. „Seitdem haben wir richtige Fortschritte gemacht“, freut sich Delicat. Trotzdem sei es ein fortlaufender Prozess, der das Unternehmen die nächsten Jahre begleiten werde.
So soll die Optimierung der Abläufe ausgeweitet werden: Was bei den Coils bereits möglich ist, nämlich die Übermittlung des Ladungsfortschritts durch Scannen, soll künftig auch in weiteren Ladungssegmenten möglich sein. „Wir wollen beispielsweise unseren Kunden bei Agrarstoffen, Dünger- und Futtermitteln die bei uns bereits vorliegenden Daten zugänglich machen“, sagt der Geschäftsführer. Dass sei jedoch lediglich ein Add-on-Service, den man nicht verkaufen wolle – für Handelshäuser, Industriekunden und Speditionen aber extrem wichtig. Die weitere Digitalisierung werde jedoch Schritt für Schritt erfolgen. „Es wird noch etwas dauern, aber in absehbarer Zukunft wird die ganze Prozesskette im Hafen digitalisiert sein“, so Delicat. „Ein bedeutendes Bindeglied zur Digitalisierung der weltweiten Lieferkette wird damit realisiert, und unsere Kunden werden enorm bei der Lieferkettensteuerung unterstützt.“ (cb)
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