HEFT ANFORDERN

Magazin für Häfen, Schifffahrt und Logistik

Großes bewegen

Egal ob hoch, breit oder schwer – Unternehmen, die in der Projektlogistik, im Breakbulksegment oder bei High-and-Heavy-Aufträgen um die Gunst der Kunden buhlen, stehen derzeit vor vielfältigen Herausforderungen. Rückfragen bei ausgewählten Experten von BBC Chartering, Karl Gross, Cuxport, Atlantik Hafenbetriebe und J. MÜLLER zeigen, dass vor allem die aktuellen geopolitischen Entwicklungen, steigende Kosten und schwächelnde Wirtschaften von den Betreffenden viel Flexibilität und Mut erfordern.

Fotos: J. Müller, BBC Chartering, Breb, Karl Gross, Cuxport, Atlantik Hafenbetriebe, Atlantik Hafenbetriebe, J. Müller, J. MÜLLER/Heidi Pinkall
Aus Sicht von Ulrich Ulrichs, CEO von BBC Chartering, kann der Breakbulk-Sektor „grundsätzlich positiv in die Zukunft schauen“. Insbesondere der Energiesektor sei sowohl im Bereich der erneuerbaren Energien als auch im Öl- und Gassektor gut aufgestellt. Das gelte ebenfalls für die Bergbau- und Metallindustrie. Da die damit verbundenen Entwicklungen aber weltweit unterschiedlich stark ausgeprägt sind, sei es schwierig, aus diesen Tendenzen allgemeingültige Aussagen zur Entwicklung des Marktes und der Frachtraten abzuleiten. Der Geschäftsführer der zur Briese-Gruppe gehörenden Reederei, die als Weltmarktführer in der Schwergut- und Projektschifffahrt gilt, prognostiziert allerdings: „Während in Asien die Raten aufgrund der hohen Nachfrage stärker steigen werden, wird die Ratenbewegung in anderen Teilen der Welt moderater ausfallen.“

Auslöser für eben diese Ratenerhöhungen seien die höheren Kosten, die in den nächsten Monaten auf die Marktteilnehmer zukommen werden. So würden zum einen zahlreiche Mehrzweckfrachter zur Erneuerung der alternden Flotte ausgeliefert werden, die über 50 Prozent teurer seien als die Schiffe, die vor der Coronapandemie bestellt wurden. „Zum anderen werden die Umweltkosten und ­-steuern weiter steigen, was sich hauptsächlich auf den Handel von und nach Europa sowie innerhalb Europas auswirken wird“, ist sich Ulrichs sicher. Sein Resümee: „Der stetig wachsende Verwaltungsaufwand zu diesen Regeln und Steuern erhöht zusätzlich die Gesamtkosten der Schiffseigner und Carrier. Das alles sind Kosten, die am Ende zusätzlich von den Kunden zu zahlen sind!“

Doch die wachsenden Kosten sind nach Ulrichs’ Meinung nicht die einzige Herausforderung, mit denen der Breakbulk-Markt auf absehbare Zeit zu kämpfen haben wird: „Da sind auch die wachsende Zahl der Kriege, das Piraterierisiko sowie die zunehmende Zahl internationaler Handelsbeschränkungen. Und nicht zu vergessen der Fachkräftemangel, der vielleicht sogar die größte Herausforderung darstellt. Denn auch in Zukunft bedarf es genügend qualifizierter und motivierter Mitarbeiter, um die Anforderungen erfolgreich zu bewältigen, die Charterer und Projektbeteiligte an uns stellen.“

Dennoch geht BBC Chartering das Jahr 2025 mit Mut und Zuversicht an. Im Mittelpunkt steht dabei für das Unternehmen die Auslieferung von zehn Schiffen der „LakerMax“-Serie und weiterer Einheiten des F500-Typs, die sich bis 2026 strecken. „Die Investition in die neuen Mehrzweck-Schwergutfrachter zeigt das Vertrauen, das die Familie Briese als unser Eigentümer in das Projekt- und Schwergutgeschäft von BBC Chartering setzt, und sichert uns mit moderner Tonnage die notwendige Kapazität, um unsere Position im Markt zu behaupten“, so Ulrichs. „Immerhin sind Schiffe ganz allgemein gesprochen sehr langfristige Investitionen und oft zwei Jahrzehnte oder länger im Einsatz.“

Ein Kran verlädt Rotorblätter auf ein Schiff der BBC Chartering
Umschlag von Windkraftkomponenten auf der „BBC Leer“: Die erneuerbaren Energien sorgen für Rückenwind in der Breakbulkbranche.

Anzeigen

Ad
Ad
Porträt Ulrich Ulrichs

„Der Breakbulksektor kann grundsätzlich positiv in die Zukunft schauen.“

Ulrich Ulrichs, CEO von BBC Chartering

Karl Gross nimmt die aktuellen politischen Entwicklungen zum Anlass, um alternative Routen anzubieten und andere Verkehrsträger und Schiffstypen einzusetzen.

„Schwierig, langfristige Voraussagen zu treffen“

Die Bewertung, ob die Projektlogistik gerade erfolgreich agiert oder nicht, hängt nach Ansicht von Steffen W. Fulst, Managing Director bei der Karl Gross Internationale Spedition, stark davon ab, aus welchem Land und mit welchen Commodities die Betreffenden aktiv sind. „Das ist eine Frage der Perspektive“, so Fulst. Dann führt er erklärend aus: „Aus deutscher Sicht tut sich der Maschinen- und Anlagenbau gerade eher schwer, während die Windkraft und die erneuerbaren Energien insgesamt auf dem Vormarsch sind.“ Mit Blick auf die weltweiten Handelsströme, die sein Unternehmen in der Projektlogistik bedient, hat er zudem eine Verfestigung der Lieferketten mit den USA ausgemacht, die inzwischen China als stärkstes Land bei Karl Gross abgelöst haben. „Parallel dazu gewinnen Staaten wie Vietnam, Saudi-Arabien und Indien zunehmend an Bedeutung. Vietnam ist auf dem besten Weg, als Produktionsstandort das ‚neue China‘ zu werden“, so Fulst.
Mit Besorgnis erfüllen ihn die geopolitischen Entwicklungen rund um den Globus, insbesondere die Sicherheitslage am Roten Meer und die Übergriffe der Huthi-Rebellen. „Viele Reedereien und Spediteure sind dadurch genötigt, den Umweg über die Südspitze Afrikas zu nehmen. Wir sehen diese Entwicklung allerdings auch als Herausforderung, um unseren Kunden alternative Routen anzubieten und andere Verkehrsträger oder andere Schiffstypen einzusetzen“, so Fulst. Generell sei die aktuelle Weltlage dafür ausschlaggebend, dass die Projektlogistik derzeit einen „schmalen Grat zwischen mutig sein, verbindliche Zusagen machen und ‘subject to‘-Aussagen“ zu beschreiten habe. „Gerade was die Preisgültigkeit, zum Beispiel der Frachtkosten, betrifft, ist es schwierig, langfristige Voraussagen zu treffen. Hier ist ein Mix aus hanseatisch-kaufmännischen Aussagen, Weitsicht und hervorragenden Marktkenntnissen gefragt, um belastbare Transportkonzepte im Sinne der Kunden zu entwickeln,“ sagt der Manager. Dabei dürfte es für Karl Gross von Vorteil sein, dass das Unternehmen auf interkontinentale Transportlösungen spezialisiert ist und diese auf dem Land-, See- und Luftweg anbietet. „Unsere Projektteams kennen die Besonderheiten auf jedem Kontinent. Aspekte wie Zulieferer in vielen Ländern und auf verschiedenen Kontinenten, Zeitverschiebung und Mehrsprachigkeit gehören für sie zum Tagesgeschäft.“

Luftaufnahme neuer Liegeplätze im Hafen von Cuxhaven
Mit den neuen Liegeplätzen trägt Cuxport unter anderem der hohen Nachfrage für Umschlags- und Lagerkapazitäten im Bereich On- und Offshore-Windkraft Rechnung.
Porträt von Steffen W. Fulst

„Staaten wie Vietnam, Saudi-Arabien
und Indien gewinnen zunehmend
an Bedeutung.“

Steffen W. Fulst, Managing Director bei Karl Gross Internationale Spedition

Neue Terminalflächen und Binnenschifffahrt als Alternative

Angesichts der jüngsten Entwicklungen in Cuxhaven macht Roland Schneider, Leiter für Business Development bei Cuxport, deutlich: „Unser Mut zeichnet sich durch unser Vertrauen in den Markt aus. Dieses Vertrauen spiegelt sich unter anderem in unserer Bereitschaft wider, in neue Terminalflächen zu investieren.“ Damit gemeint ist die Co-Finanzierung der Liegeplätze 5 bis 7, mit deren Bau zu Jahresbeginn begonnen wurde. Ab 2028 sollen dort auf einer Länge von 1.250 Metern Spezialschiffe der Windindustrie ihre Güter umschlagen. Dabei erhält Cuxport die Terminalkonzession für die Liegeplätze 5 und 6.1, während mit Blue Water Breb der Vertrag für den anschließenden Terminalbereich 6.2 und 7 abgeschlossen wurde.

„Durch diesen Schritt wächst die Gesamtterminalfläche von Cuxport um weitere 19 auf 63 Hektar an“, so Schneider. Mit Blick auf die Projektlogistik ergänzt er: „Wir verzeichnen nach wie vor eine hohe Nachfrage für Umschlags- und Lagerkapazitäten im Bereich On- und Offshore-Windkraft. Verantwortlich hierfür sind nicht zuletzt unsere optimal geeigneten Hafenflächen, sondern auch der hervorragende Anschluss an die A27.“ Neben großen Mengen an On- und Offshore-Komponenten gingen darüber hinaus zahlreiche Transformatoren, Lkw mit Bauteilen für die Luftfahrtindustrie sowie Baumaschinen und Maschinen für die Landwirtschaft in Cuxhaven über die Kaikanten.

Trotz seines Vertrauens in den Markt mahnt Schneider: „Marode Autobahnen und Brücken sowie unzureichende Parkmöglichkeiten stellen aktuell ein großes Hindernis für Großraum- und Schwertransporte im Hinterlandverkehr dar.“ Deshalb werde derzeit verstärkt der Einsatz von Binnenschiffen als möglicher Alternative für den Transport von Schwergut und Projektladung geprüft. „Hier bietet Rhenus aufgrund der weitreichenden Services und Kapazitäten der Tochterunternehmen Rhenus Partnership und Deutsche Binnenreederei ihren Kunden einen deutlichen Vorteil sowie die Möglichkeit, ganze Lieferkettenabschnitte zwischen Hafen und Start- und Zielstandort abzubilden,“ lautet Schneiders Plädoyer für die Binnenschifffahrt. Letztere sei insbesondere für Gondeln, Maschinenhäuser und Turmsegmente im Onshore-Bereich, aber auch für viele andere Breakbulk- und Schwerlastgüter bestens geeignet.

Plädoyer für mehr Hafenkooperationen

Vom Standort Bremerhaven aus blickt Stefan Nousch, Geschäftsführer der Atlantik Hafenbetriebe Geuther & Schnitger (AHB), mit gemischten Gefühlen auf die aktuelle Entwicklung der High-and-Heavy-Mengen und auf die RoRo-Schiffsanläufe im Hafen: „Von 2012 bis 2019 haben hier pro Jahr rund 1.500 bis 1.600 Deepsea-Carrier festgemacht, gegenwärtig sind es 800 bis 900. Und diese Situation ist nicht nur auf den schwächelnden Automobilexport, die rückläufigen Ausschreibungen für Großprojekte und auf die Coronakrise zurückzuführen.“ Dabei habe man in den bremischen Häfen genügend Pfunde, mit denen man wuchern könnte. „Dazu gehören vor allem die guten Hinterlandanbindungen aus ganz Europa und die trimodale Anbindung. Aber wir müssen in Zukunft auch die gute Kommunikation, die hier zwischen den Reedern, Kunden, Behörden und Hafeneinzelbetrieben herrscht, aufmerksamkeitsstärker und vor allem mutiger vermarkten – im Sinne des Leitsatzes der Bremer Kaufleute: ‚Buten un binnen – wagen un winnen‘.“ Gerade auf dem Gebiet der Vermarktung haben aus seiner Sicht mehrere Bewerber aus dem In- und Ausland zuletzt aktiver agiert und auf diese Weise zusätzliche Ladungsmengen für sich gewinnen können.

Hinzu komme, dass in Deutschland das regionale Konkurrenzdenken weiterhin stark ausgeprägt sei. „Der German-Ports-Gedanke ist prima, muss aber noch intensiver gelebt werden“, so Nousch. Wie das zum Beispiel aussehen kann, hat AHB im vergangenen Jahr in Zusammenarbeit mit der EVAG Emder Verkehrs und Automotive Gesellschaft und der Reederei NYK gezeigt. Vor dem Hintergrund knapper Kapazitäten in Bremerhaven haben die Projektpartner zwei Liebherr-Raupenkrane vom Typ LR 1800 und LR 1700 kurzerhand in Emden umgeschlagen und per RoRo-Schiff nach Yokohama transportiert. Das Stauen der Rolltrailer übernahm das EVAG-Team in Absprache mit einem Supervisor von AHB. „Die Entscheidung für Emden als Umschlagsplatz erwies sich als Glücksgriff, da sie nicht nur die termingerechte Auslieferung der Krane sicherstellte, sondern auch Qualitätsverluste durch längere Transportwege über andere Häfen verhinderte“, erinnert sich Nousch gern. Seiner Meinung nach zeige diese erfolgreiche Zusammenarbeit, wie wichtig Flexibilität in der Logistik sei, um auch unter schwierigen Bedingungen optimale Lösungen zu finden. „Ich würde mir wünschen, dass wir mehr Kooperationen dieser Art hierzulande hinbekämen, um den Wirtschaftsstandort Deutschland gemeinsam zu stärken“, skizziert der AHB-Manager ein für ihn sinnvolles Zukunftsszenario.

Porträt von Roland Schneider

„Marode Autobahnen und Brücken stellen ein großes Hindernis dar.“

Roland Schneider, Leiter für Business Development
bei Cuxport

Porträt von Stefan Nousch

„Der German-Ports-Gedanke
ist prima, muss aber noch intensiver gelebt werden.“

Stefan Nousch, Geschäftsführer der Atlantik Hafenbetriebe Geuther & Schnitger (AHB)

Die trimodale Infrastruktur im Seehafen Brake bietet beste Voraussetzungen für den Umschlag von großvolumigen Gütern.

Schub durch die Energiewende

Beim Stückgut- und Projektladungsumschlag von J. MÜLLER im Seehafen Brake liefen die Krane im vergangenen Jahr auf Hochtouren. „2024 war für uns trotz logistischer Herausforderungen wie einer zweimaligen Eisenbahnbrückensperrung ein bemerkenswert aktives Jahr. Dabei konnte der Hafen insbesondere aufgrund seiner trimodalen Infrastruktur für den Umschlag von großvolumigen Gütern entsprechende Alternativen anbieten“, bilanziert Jörg Kaplan, Bereichsleiter Vertrieb Breakbulk-Umschlag bei J. MÜLLER.

Unter anderem wurde 2024 in Brake ein 134,41 Tonnen schwerer Generator aus Erfurt für den Transport in die USA verladen. Ähnlich anspruchsvoll gestaltete sich die Verladung von Turmsektionen aus Portugal und Windkraftflügeln aus Polen, die für den Export nach Thailand und Australien bestimmt waren. Auch Projekte für die Energiewende liefen im vergangenen Jahr über die Stadt an der Unterweser, zum Beispiel Kabeltrommeln mit bis zu 80 Tonnen Stückgewicht für das Trassennetzprojekt Conneforde-Cloppenburg-Merzen (CCM). Ein aktuelles Highlight ist der Umschlag von Spezialrohren für eine 45 Kilometer lange Pipeline im Rheinland, die zur Verfüllung der ehemaligen Tagebaugebiete Hambach und Garzweiler dient. Dafür werden in den kommenden Jahren mehr als 9.000 Rohre mit bis zu zwölf Metern Länge und einem Durchmesser von über zwei Metern in Brake importseitig umgeschlagen und per Bahn weitertransportiert.

Mit Blick auf diese Projekte und die nächsten Jahre ist sich Kaplan sicher: „Die Nachfrage nach Projektladung wird steigen. Dazu tragen der Ausbau der erneuerbaren Energien und der dazugehörigen Infrastruktur genauso bei wie klassische Anlagenprojekte.“ Brake sieht er dabei aufgrund „seiner starken Infrastruktur, seiner geografisch guten Lage und seines engagierten Teams“ auch langfristig als einen zentralen Umschlagsplatz für Stückgut und Projektladungen. (bre)

Bremerhaven kann hoch, breit oder schwer – sollte seine Kompetenzen nach Ansicht von Stefan Nousch aber aufmerksamkeitsstärker und mutiger vermarkten.
Reachstacker der ein Kranteil anhebt
Porträt von Jörg Kaplan

„Die Nachfrage nach
Projektladung wird steigen.“

Jörg Kaplan, Bereichsleiter Vertrieb
Breakbulk-Umschlag bei J. MÜLLER