Seit der Gründung vor 146 Jahren ist das Unternehmen Carl Ungewitter auf den Import von Naturasphalt und die dazugehörige Logistik spezialisiert. Die Bremer bieten aber auch Transportdienstleistungen für die nordafrikanische Erdölzulieferindustrie an und haben ein patentiertes Schlaglochreparatursystem entwickelt.
Fotos: Carl Ungewitter, Andreas Knöbig
„Über den Handel mit leeren Petroleumfässern kam die Handelsverbindung zum Asphalt zustande“, berichtet Geschäftsführer Andreas Knöbig, der das Unternehmen vor 24 Jahren von seinem Vater übernahm, als dieser in den Ruhestand trat. Im Zweiten Weltkrieg sind allerdings viele schriftliche Dokumente aus dieser Zeit verloren gegangen. Fest steht jedoch, dass der Naturasphalt – unerlässlich für den Straßenbau – seitdem nach Bremen verschifft wird. Und das exklusiv, da Carl Ungewitter den Vertrieb für ganz Europa verantwortet – von Großbritannien bis in die Türkei.
„Der Naturasphalt wird in Trinidad abgebaut und dann gereinigt“, erläutert Knöbig. „Dazu wird der Rohstoff aus Naturbitumen und Gesteinskörnung, der dann von der Konsistenz wie hartes Kaugummi ist, vor Ort in Fässer abgefüllt. Etwa alle fünf Wochen kommen derzeit auf dem fünf- bis sechswöchigen Seeweg im Auftrag des Generalimporteurs rund 20 mit jeweils 100 Hartfaserfässern gefüllte 40-Fuß-Container im Bremer Industriehafen an.
Bei Ungewitter werden die Fässer dann in einer eigenen Produktionsanlage aufgebrochen. Während der Abbau des Naturasphalts auf Trinidad sowohl in der Regen- als auch in der Trockenzeit möglich ist, sollte es für Straßenbaumaßnahmen in Europa mindestens fünf Grad warm sein. Von Dezember bis Februar finden daher kaum Auslieferungen an die Asphaltmischanlagen statt. „Die Masse würde nach dem Erhitzen zu schnell auskühlen und könnte nicht mehr ausreichend verdichtet werden“, erläutert Knöbig. Hochsaison im Straßenbau sind die Monate September und Oktober.
Pantentiertes Patchingsystem für die Schlaglochreparatur
All das weiß der Geschäftsführer auch deshalb so genau, weil das Unternehmen ein eigenes und inzwischen patentiertes Patchingsystem für die Reparatur von Schlaglöchern entwickelt hat. Der Asphalt kann dabei direkt vor Ort aufbereitet werden, sodass die Schlaglöcher noch schneller und flexibler gefüllt werden können.
Sich breit aufzustellen ist auch deshalb wichtig, weil das Unternehmen bei seiner Auftragslage direkt von den Budgets für den Bundesfernstraßenbau abhängig ist. Knöbig erläutert: „Wenn im Bundesverkehrsministerium Projekte etwa aufgrund geringerer Steuereinnahmen verschoben werden, muss das mit unseren anderen Geschäftsfeldern ausgeglichen werden.“
Auch deshalb gehören neben dem Import, dem Vertrieb und der Herstellung von Naturasphaltprodukten sowie dem Patchingsystem auch sonstige Logistikdienstleistungen rund um die See- und Luftfracht dazu. „Bei der Seefracht ist unsere Auftragslage bunt gemischt“, so Knöbig. „Wir haben alles dabei – von Lebensmitteln bis Technologie, und zu unseren Auftraggebern gehören kleine Unternehmen genauso wie große.“
Seit den 1980er-Jahren kam im Zuge der normalen Akquisitionstätigkeit das Geschäft mit Nordafrika hinzu. „Damals gab es in Düsseldorf einen zentralen europäischen Einkauf für Libyen, wodurch der Kontakt entstanden ist. Transportdienstleistungen für die nordafrikanische Erdölzulieferindustrie sind seitdem ein wichtiges Geschäftsfeld für uns“, unterstreicht Knöbig. Zu unseren Kunden zählen in heutiger Zeit vorrangig staatliche Firmen und deren Lieferanten.
Spezial-Know-how gefragt
„Es gibt dort wieder einen kontinuierlichen Bedarf, etwa durch Verschleiß und Ersatzteile, den wir logistisch abdecken“, so der Geschäftsführer. Dieses Geschäft erfolgt vorrangig per Container, da sich die Abfahrtsdichte der Breakbulk-Linienschiffe im Laufe der vergangenen Jahre aufgrund rückläufigen Ladungsangebots reduziert hat. „Zeitkritische Aufträge werden per Luftfracht von uns nach Libyen verladen, was mittlerweile nicht selten vorkommt“, ergänzt Knöbig.
Unerlässlich sind Detailwissen und viel Erfahrung in der Abwicklung von komplexen Logistikaufträgen, da in Libyen viele spezielle Anforderungen der Ölfirmen zu erfüllen sind. „Die Lieferanten müssen daher sehr sorgfältig und vor allem individuell betreut werden“, unterstreicht Knöbig. Die Herausforderung dabei: der allgegenwärtige Fachkräftemangel. Carl Ungewitter versucht diesem durch die Ausbildung von Mitarbeitern entgegenzutreten, aber das werde immer schwieriger. „Während wir bis vor fünf Jahren noch acht Azubis hatten, ist es derzeit nur noch einer“, bedauert der Geschäftsführer.
Und das hat Folgen: „Wir wollten eigentlich ein neues Geschäftsfeld aufbauen, konnten das aber nicht, weil uns dafür die geeigneten Fachkräfte fehlen“, so Knöbig. „Vor zwei Jahren war die Situation besonders schlimm.“ Inzwischen habe sich die Lage bei den Speditionen aber wieder verbessert. Besonders schwierig sei es derzeit hingegen, Vorarbeiter und Poliere für den Straßenbau zu finden.
Ungewitter setzt unter anderem auf das duale Studium in Zusammenarbeit mit der Deutschen Außenhandels- und Verkehrs-Akademie (DAV), die ebenfalls in Bremen ihren Sitz hat. „Etwa die Hälfte der Nachwuchskräfte nutzt das“, berichtet der Geschäftsführer, und hofft, dass es künftig noch mehr werden. (cb)
„Über den Handel mit leeren Petroleumfässern kam die Handelsverbindung zum Asphalt zustande.“
Andreas Knöbig, Geschäftsführer
bei Carl Ungewitter in Bremen
Fakten
Carl Ungewitter
Gründung: 1878
Firmensitz: Bremen, Standort in Libyen
Mitarbeiter: 50
Geschäftsfelder: europäischer Generalimporteur für Naturasphalt, Logistikdienstleistungen
Umsatz 2023: 38 Millionen Euro