Beim Bremer Traditionsunternehmen Vollers steht auch nach mehr als 90 Jahren die Logistik rund um Kaffee im Mittelpunkt. Immer wichtiger werden aber digitale Services wie ein digitaler Marktplatz und seit Kurzem eine globale Auktionsplattform sowie die dazu erforderlichen Schnittstellen.
Heutzutage beeinhaltet Logistik für Direktor Christian Vollers, der das Unternehmen als alleiniger Inhaber zusammen mit drei Direktoren führt, aber auch eine entsprechende Digitalisierungsstrategie. Für deren Umsetzung verantwortlich sind Johannes Hartholt als Head of IT mit 14 Mitarbeitern und Anna-Lena Bahr als Head of Marketing. Beide berichten direkt an den Geschäftsführer und arbeiten eng zusammen – für eine gut funktionierende IT und ihre Weiterentwicklung sowie an kundenorientierten Digitalprodukten.
Die Online-Bestandsverwaltung V-Connect
Von denen gibt es mit „V-Hub“, „V-Connect“, „V-Auction“ und „V-Interface“ bereits vier. Los ging es mit dem Launch der Anwendung „V-Connect“ im Jahr 2019, durch die die Kunden jederzeit online auf den Lagerbestand zugreifen können. „Die Grundidee ist es, Transparenz über die Waren in den Lagern an all unseren Standorten zu schaffen“, erläutert Bahr. Dazu wird der Bestand alle zehn Minuten aktualisiert und mit dem Enterprise-Resource-Planning(ERP)-System von Vollers synchronisiert.
„‚V-Connect‘ entwickeln wir stetig mit externen Partnern weiter, sodass immer mehr Auftragsarten online für unseren Kunden möglich werden“, berichtet Hartholt. Wenn sich diese ins Webportal einloggen, können sie hier die angebotenen Dienstleistungen „online shoppen“. Ein typischer Fall ist es, Aufträge zu hinterlegen, etwa zum Auslagern von Kaffee. Der Vorteil: Das System fragt dafür alle relevanten Informationen ab, und die Kunden müssen den Auftrag nur noch gegenchecken, bevor dieser in das ERP-System des Kaffeelogistikers einfließt. Am Ende erhalten sie automatisiert eine Meldung, wenn die Ware abgeholt wurde.
„Das bieten unsere Wettbewerber in Deutschland bisher nicht“, unterstreicht Hartholt. Schließlich ist es anspruchsvoll, die Komplexität der Incoterms, also der weltweit einheitlichen Vertrags- und Lieferbedingungen, auch IT-prozessseitig abzubilden. Ausruhen dürfe man sich darauf jedoch nicht. „Wir müssen hart arbeiten, um unseren leichten Vorsprung zu wahren“, so der IT-Leiter.
Die Handelsplattform V-Hub
2021 kam dann „V-Hub“ als weltweiter digitaler Marktplatz für den Handel mit Rohkaffee zum Portfolio hinzu. Vollers agiert hier als neutraler Plattformbetreiber, der für bestehende Kunden genauso offen ist wie für Unternehmen, deren Kaffee bei Wettbewerbern des Logistikers lagert. Das Ziel: den Kauf und Verkauf von Grünkaffee leicht zu machen.
„Kaffeeproduzenten und Händler können sich auf unserem Portal einen eigenen Shop aufbauen, um dort ihre Rohware zu präsentieren und zum Verkauf anzubieten sowie Spezialangebote zu bewerben“, erklärt die Marketingmanagerin. Kaffeeeinkäufer können gezielt nach Kriterien wie Geschmack, Ursprung und Lagerverfügbarkeit suchen. Automatisierte Angebotsblätter unterstützen die Geschäftsanbahnung. Darüber hinaus können dort auch Muster angefragt, verwaltet und geordert werden. „Der große Vorteil ist, dass es in der Welt des Rohkaffees bisher wenige Onlineshops gibt“, berichtet Bahr. Insofern schafft die Plattform zunächst einmal viel Transparenz angesichts von geschätzt 1.500 Kaffeeröstereien allein in Deutschland und steigert das SEO-Ranking, also die Position in den Suchergebnissen. Hinzu kommen weitere Netzwerkeffekte für alle Beteiligten. Ganz wichtig: „Die Verkäufer haben die komplette Kontrolle, in welchem Umfang sie die Plattform nutzen“, unterstreicht sie. So können für eingeloggte Käufer Preise hinterlegt werden und Bestände hochgeladen werden – oder auch nicht.
Die Schnittstellenlösung V-Interface
Seit 2022 gibt es zudem „V-Interface‘, wodurch die ERP-Systeme und Datenbanken der Geschäftspartner mit dem System des Logistikdienstleisters gekoppelt werden. „Rund sechs Monate kann es dauern, um eine Schnittstelle aufzusetzen, da es aufgrund der unterschiedlichen Anbieter wie SAP, Microsoft und Google oft keine Standardlösungen gibt“, berichtet der IT-Leiter. „Der große Vorteil ist, dass die Fehlerquote erheblich sinkt, wenn anstatt Informationen aus einer E-Mail zu übertragen dieser Datenaustausch automatisiert erfolgt“, erläutert Hartholt. „Nach wie vor ist es aber auch möglich, Aufträge über ‚V-Connect‘ online zu schicken“, ergänzt Bahr. „Das hängt davon ab, wie der Kunde digital aufgestellt ist.“
Die digitalen Dienstleistungen reichen vom Online-Marktplatz über ein Web-Kundenportal bis zur Auktionsplattform.
„‚V-Connect‘ entwickeln wir stetig mit externen Partnern weiter.“
Johannes Hartholt, Head of IT bei der Vollers Group
Fakten
Vollers Group
Gründung: 1932
Geschäftsfelder: Transport, Lagerung, Hafen- und Rohstofflogistik mit besonderem Fokus auf Kaffee, Kakao, Tee und Metalle
Unternehmenssitz: Bremen (Hauptsitz) und 13 weitere Standorte in Europa
Lagerfläche: 500.000 Quadratmeter
Mitarbeiter: 430 (europaweit)
Die Kaffee-Auktionsplattform V-Auction
Zuletzt hinzugekommen ist Ende vergangenen Jahres „V-Auction“. Dazu hat die Vollers Group eine auf Kaffee, Maschinen und Fundraising spezialisierte Online-Auktionsplattform von dem sich in Insolvenzverwaltung befindenden britischen Anbieter Sensible Development erworben und entsprechend umbenannt. Hier können seit diesem Jahr Kaffeebauern und ihre Genossenschaften aus aller Welt insbesondere hochwertige Kaffeespezialitäten im Rahmen von Auktionen veräußern, so wie es seit Jahrzehnten üblich ist, nur eben virtuell.
Es geht aber auch klassisch. „Wir bieten zusätzlich hybride Formate an“, erzählt Bahr. Rund 200 Stunden Arbeit bedeutet es für das Vollers-Team, um eine solche Auktion vorzubereiten, die dann etwa zwei Stunden dauert. Je nach Bedarf werden die Auktionäre zuvor bei Marketing und Vertrieb unterstützt. Bezahlt wird dafür eine Gebühr pro Auktion.
Auch an zusätzlichen Erweiterungen der Digitalprodukte wird fleißig gearbeitet. Bei „V-Connect“ wird Hafen für Hafen angebunden, um nach und nach die voraussichtlichen Ankunftszeiten, also das Estimated Time of Arrival, kurz ETA, zu integrieren. Optional könnte „V-Hub“ mit „V-Connect“ verbunden werden. Zudem könnte „V-Hub“ auch für die Warengruppen Kakao und Tee weiterentwickelt werden. Denn eins ist für Hartholt klar: „Ohne Digitalisierung kommt das Ende schnell.“ (cb)
„Wir bieten zusätzlich hybride Auktionsformate an.“
Anna-Lena Bahr, Head of Marketing bei der Vollers Group