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Cuxhaven treibt die Energiewende voran

Das Deutsche Offshore-Industrie-Zentrum Cuxhaven übernimmt beim Ausbau der Windenergie in der Nordsee und der damit verbundenen Energiewende eine herausgehobene Rolle. Dazu tragen vor allem die neuen Liegeplätze 5 bis 7 bei, deren Bau bis 2028 fertiggestellt werden soll.

Fotos: Cuxport, Andreas-Burmann
So ehrgeizig wie die Ausbauziele der bisherigen Bundesregierung in puncto Windenergie sind auch die Ausbaupläne in Cuxhaven. So soll sich die Kapazität schon bis 2030 von 8 auf dann 30 Gigawatt mehr als verdreifachen und der Umschlag eines Großteils der Komponenten für die neuen Offshore-Anlagen in der Nordsee hier passieren. Zur Einordnung: Bisher kommen allein an den Liegeplätzen 8 und 9 jährlich rund 3.500 Großkomponenten an.

Eine weitere wichtige Rolle für den Multipurpose-Hafen spielen sowohl heute als auch künftig die Wartung und der Rückbau bereits bestehender Windenergieanlagen. Aber auch Anlagenteile für Onshore-Windkraftanlagen, die ebenfalls für eine erfolgreiche Energietransformation relevant sind, werden hier umgeschlagen.

Dafür beginnt im Februar 2025 der Bau von drei neuen Liegeplätzen auf einer Länge von 1.250 Metern mitsamt 36 Hektar zugehöriger zusammenhängender Terminalfläche. So entsteht als Lückenschluss zwischen dem Europakai (Liegeplätze 1 bis 4) und den bestehenden Offshore-Liegeplätzen 8 und 9 eine durchgehende Kaje mit – bei Normalnull – bis zu 15,5 Meter Wassertiefe.

Entsprechend den Anforderungen eines Offshore-Installationshafens werden die Liegeplätze auch für das Anlaufen von Errichterschiffen, den sogenannten Jack-up-Schiffen, ertüchtigt. Diese können sich mit ihren absenkbaren Standbeinen für die Beladung mit besonders schweren Komponenten auf dem Meeresboden aufstellen. Überdies sind die neuen Flächen schwerlastfähig.

Mit diesen Möglichkeiten ist Cuxport-Geschäftsführer Claudius Schumacher überaus zufrieden. Von Gondeln über große und schwere Monopiles mit 3.500 Tonnen Gewicht bis zu Rotorblättern könne hier alles gelagert und umgeschlagen werden.

Gruppenfoto mit Olaf Lies, Holger Banik und Dieter Janecek, erstere halten ein Dokument mit dem Niedersachsen-Wappen in die Kamera
Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung, Holger Banik, Geschäftsführer der Niedersachsen Ports und der JadeWeserPort Realisierungsgesellschaft, und Dieter Janecek, Koordinator der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft und Tourismus. (v. l.)
Geplant war der Ausbau schon länger, aber nach Erlass des für das Bauprojekt erforderlichen Planfeststellungsbeschlusses vor fünf Jahren musste man zunächst eine tragfähige Finanzierung finden. „Es brauchte Mut, dafür ein neues Konzept zu erarbeiten“, berichtet Schumacher. Man habe lange darauf hingearbeitet, und es sei ein ziemlicher Kraftakt gewesen, der gemeinsam mit allen Beteiligten in der Region gemeistert worden sei, sagte auch Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung.

Im September 2024 hat die Europäische Kommission schließlich die öffentliche Teilfinanzierung der Liegeplätze 5 bis 7 mit erwarteten Baukosten in Höhe von etwa 300 Millionen Euro genehmigt. Aufgrund der Bedeutung des Projekts für die nationalen und europäischen Ausbauziele der On- und Offshore-Windenergie erfolgt jetzt eine Förderung mit bis zu 200 Millionen Euro aus GRW-Mitteln (Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur) durch Bund und Land. Als Konzessionäre übernehmen Cuxport, verantwortlich für die Liegeplätze und den Terminalbereich 5 sowie 6.1 mit etwa 19 Hektar, sowie Blue Water Breb, verantwortlich für die Bereiche 6.2 und 7 mit ebenfalls 19 Hektar, die restlichen 100 Millionen Euro der Baukosten.

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In Cuxhaven werden alle Großkomponenten für Offshore-Windkraftanlagen umgeschlagen, darunter auch die Turmsegmente.

Finanzierung ist kein Modell für die Zukunft

„Die Art der Finanzierung stellt ein absolutes Novum dar und funktioniert für dieses Vorhaben, ist aber meines Erachtens kein Modell für die Zukunft“, unterstreicht Schumacher. Entsprechend der Forderung des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) sei der Hafenlastenausgleich von bisher 38,4 auf 500 Millionen Euro pro Jahr dringend zu erhöhen, um den Ausbau auch im Sinne der Nationalen Hafenstrategie voranzutreiben.

Das gilt insbesondere, weil zu den bereits erfolgten Ausschreibungen für neue Offshore-Windparks künftige Vergabeverfahren hinzukommen. Zudem werden neben der damit verbundenen Rolle als Errichterhafen auch Dienstleistungen als Servicehafen, etwa für Crew Transfer Vessels (CTVs) und Serviceschiffe (SOV), angeboten.

„Über Cuxhaven werden bereits 80 Prozent der importierten Onshore-Komponenten umgeschlagen“, berichtet Schumacher. Anders ausgedrückt: „Ohne Cuxhaven findet keine Energiewende statt“, unterstreicht Roland Schneider, Business Development Manager bei Cuxport. Hinzukommt, so Schumacher: „Eine weitere strategische Rolle wird der Hafenstandort auch beim Rückbau bestehender Offshore-Anlagen in den 2030er-Jahren und bei einem möglichen Repowering spielen.“

Die Rotorblätter moderner Offshore-Windkraftanlagen werden immer länger. Waren es früher rund 50 Meter, sind es jetzt 100, zum Teil sogar 120 Meter.

Bedeutsame Investitionsentscheidungen getroffen

Wie groß das Interesse am Markt ist, zeigen auch die Investitionsentscheidungen von Siemens Gamesa und Titan Wind Energy. Siemens Gamesa will hier bis zu 135 Millionen Euro investieren, um den Standort für den Hochlauf der neuesten Generation von Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 14 Megawatt auszurüsten. Auch diese strategisch bedeutsamen Investitionen werden mit einem Zuschuss von bis zu 27 Millionen Euro gefördert – ebenfalls finanziert aus GRW-Mitteln.

Die chinesische Titan-Gruppe will in Cuxhaven eine Fabrik für Monopiles errichten und investiert dafür bis zu 300 Millionen Euro. Der Produktionsstart der Fundamente mit einem Durchmesser von bis zu 14 Metern, einer Länge von 140 Metern und einem Gewicht von 3.500 Tonnen ist für dieses Jahr geplant. In Cuxhaven sollen allein dadurch über 600 neue Arbeitsplätze entstehen.

Der erste Rammschlag für den Bau der Liegeplätze erfolgt am 6. Februar dieses Jahres. Die Übergabe des Baus an die Betreiber ist für Anfang 2028 geplant. „Die Nachricht über den Baustart ist im Markt sehr positiv aufgenommen worden“, freut sich Schneider. „Wir führen bereits erste Gespräche“, ergänzt Ulf Stier, Commercial Manager bei Blue Water Breb. Cuxport-Geschäftsführer Schumacher erwartet, dass die Liegeplätze spätestens 2028 in Betrieb genommen und im Markt etabliert sein werden. Ab dann beginnt auch der Umschlag der Komponenten.

Zusammen mit der deutschen Windkraftbranche blickt der Hafenstandort Cuxhaven also äußerst positiv in die Zukunft. Dafür gibt es allerdings eine Voraussetzung: „Um langfristig als Errichterhafen für die deutschen Ausbauziele zu agieren, erhoffen wir uns von der Politik auch unter der neuen Bundesregierung verlässliche Rahmenbedingungen“, unterstreicht Schumacher. (cb)

Luftaufnahme vom Hafen in Cuxhaven
Cuxhaven ist als Offshore-Hafen gut im Geschäft: Bereits vor einem Jahr wurde hier die tausendste Gondel von Siemens Gamesa umgeschlagen.

Fakten

Deutsches Offshore-Industrie-Zentrum Cuxhaven (DOIZ)

Kajenlänge: inklusive der neuen Liegeplätze: 3.150 Meter
Gesamtfläche: inklusive der neuen Liegeplätze: fast 60 Hektar
Terminalbetreiber: Rhenus Cuxport und Blue Water Breb

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