Im Hafen von Brake ist nicht nur beim Umschlag einiges los, sondern auch in puncto Nachhaltigkeit. Die Projekte reichen von Blühwiesen über die gerade abgeschlossene Komplettumstellung auf LED-Lampen bei der Hafengesellschaft NPorts bis zum Bau von Niedersachsens größter Photovoltaik-Dachanlage beim Hafenlogistiker J. Müller.
Fotos: J. Müller (2x), Claudia behrend (2x), Claudia behrend, NPorts
In Zusammenarbeit mit dem Naturschutzverein Nabu wurde außerdem eine große Blühwiese angelegt. Schüler der Umwelt-AG des Gymnasiums in Brake haben bunt bemalte Nistkästen für Stare und Meisen gebaut, die dort in den Bäumen hängen. Für Insekten gibt es nicht nur Totholzhecken, sondern sogar ein selbstgebautes „Hotel“.
Die Idee dahinter, das gesamte Areal grüner und insektenfreundlicher zu gestalten, stammt aber nicht aus den Führungsetagen des öffentlichen Hafenbetreibers, sondern kommt von der Belegschaft, berichtet Franziska Walther, stellvertretende Leiterin der NPorts-Niederlassung in Brake. Darunter sind einige Mitarbeiter, die ihre Ableger aus den eigenen Gärten spenden. Bei großen Veranstaltungen wie der Eröffnung des Großschiffsliegeplatzes im vergangenen Jahr werden die Tische statt mit Schnittblumen mit Grünpflanzen geschmückt, die dann im Garten eingesetzt werden.
Gegossen wird mit Wasser aus der Regentonne. „Das Begrünen ist ein laufendes Projekt“, betont Walther. Damit sollen Nachhaltigkeit und auch die Entwicklung sichtbar und erlebbar werden. Das gilt ebenso für die Anwohner, die den Garten als öffentliche Grünanlage nutzen. Für die Mitarbeiter steht damit ein grüner Pausen- und Besprechungsraum zur Verfügung.
Grundwasserfreundliche Kehrmaschine
Zahlreiche Nachhaltigkeitsprojekte gibt es auch im Hafengebiet selbst. Ein Beispiel ist die Kehrmaschine, die das Gelände inklusive der Schienen reinigt, damit keine Partikel in die Weser gelangen. Statt wie in der Vergangenheit Trinkwasser zu benutzen, kommt dafür nun das Wasser zum Einsatz, mit dem zuvor die Leitungen für die Frischwasserversorgung der Schiffe durchgespült wurden.
Um die Grünflächen im Hafengebiet kümmert sich Elfi Bargmann, Mitarbeiterin der Abteilung Technik. „Wir haben hier 11,2 Hektar Rasenflächen, von denen wir inzwischen nur noch 17 Prozent, und das auch nur noch ein- bis zweimal pro Jahr, mähen“, erläutert sie. Schritt für Schritt werden die Flächen umgestaltet und auch Vertikalflächen wie Lärmschutzwände mit Kletterhortensien und wildem Wein begrünt. Das gilt ebenso für Neubauten von Hafenkunden, die entsprechende Auflagen erhalten.
Damit NPorts und seine Kunden in Brake nicht isoliert an ähnlichen Ideen mit möglicherweise vergleichbaren Herausforderungen arbeiten, hat Walther einen Hafenstammtisch rund um Nachhaltigkeitsthemen ins Leben gerufen. Zum Teil werden Externe eingeladen, vor allem aber tauschen sich alle sechs Monate NPorts und Unternehmen mit Bezug zum Hafen Brake aus.
Photovoltaik-Aufdachanlage
Auch das Projekt, auf das man bei J. Müller besonders stolz ist, konnte der Konzern nicht allein bewältigen, sondern nur mit Unterstützung von Partnern wie der Commerzbank, dem Bauunternehmen Björn & Peter Renken, dem Entwickler von Automatisierungskonzepten Schulz Systemtechnik sowie dem Versorgungsunternehmen EWE Netz. Die Rede ist von der Photovoltaikanlage (PV-Anlage) auf insgesamt zehn Hallendächern, die im April dieses Jahres in Betrieb genommen wurde.
Mit einer Gesamtfläche von 62.100 Quadratmetern und einer Spitzenleistung der Module von 12,8 Megawatt peak handelt es sich um die größte Aufdachanlage Niedersachsens. „Der Solarertrag beträgt 959 Kilowattstunden pro installiertem Kilowatt peak und soll jährlich den Ausstoß von 5.804.000 Kilogramm CO2-Emissionen vermeiden“, berichtet Cedric Witten, Bereichsleiter Technik und IT bei J. Müller. Das Investitionsvolumen lag bei elf Millionen Euro.
„Die Idee dafür entstand bereits vor sechs Jahren, wurde aber durch den Angriff auf die Ukraine konkret, als es schwer war, Energie zu beschaffen und diese zudem immer teurer wurde“, erinnert sich Witten. Das Ergebnis: „Wir produzieren jetzt mehr als 31 Prozent des von uns benötigten Stroms selbst.“ Und es gibt bereits ein nächstes Projekt: „Den Strom, der gegenwärtig ins öffentliche Netz abgegeben wird, wollen wir ab 2025 mithilfe eines Batteriespeichers mit ein bis vier Megawatt selbst nutzen“, so Witten.
Radarprojekt Vorstellgleise
Bei NPorts wurde Ende September ein vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördertes Projekt im Rahmen der Förderrichtlinie „Digitale Testfelder in Häfen“ (Digi-Test) abgeschlossen: die Digitalisierung der Zählung der Waggons. Aufgrund der Größe der Hafeninfrastruktur mit 33 Kilometer Gleisen und 100 Weichen war NPorts bisher auf die Zahlen der Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVUs) angewiesen. „Diese meldeten bestenfalls in Excel“, so Romina Hanisch, Projektleiterin Radar. „Kontrollen waren nur stichprobenartig möglich, wir brauchen aber verlässliche Daten.“
Statt auf teure Standardsysteme mit optischer Zeichenerkennung (Optical Character Recognition, OCR) setzt man dafür bei NPorts auf handelsübliche Kameratechnik. Die nachgeschaltete OCR liest bei den mit 15 bis 25 Stundenkilometern vorbeifahrenden Zügen dann die Containernummern und Gefahrgutsiegel aus. Das führt nicht nur zu mehr Genauigkeit bei der Abrechnung, zu einer effizienteren Nutzung der Infrastruktur und einer Ressourceneinsparung mit weniger Kontrollen durch die Disponenten, sondern auch zu Synergieeffekten wie verkürzten Standzeiten, geringerem Energieverbrauch und weniger Emissionen.
Die Reduktion des Stromverbrauchs steht auch bei Olaf Eden, verantwortlich für Elektrotechnik in Brake, ganz oben auf der Agenda. So wurden zwischen 2019 und 2021 alle Mittelspannungsschaltanlagen und 20-Kilovolt-Öl-Transformatoren neu errichtet beziehungsweise erneuert. Durch den deutlich verbesserten Wirkungsgrad hat dies zu Energieeinsparungen in Höhe von rund zwölf Prozent geführt. 2024 wurde die 2015 begonnene Umrüstung von 1.040 Außenbeleuchtungen auf LED mit einem Investitionsvolumen von 500.000 Euro erfolgreich abgeschlossen. Der Energieverbrauch ist dadurch und mithilfe von sensorischer Bedarfssteuerung um 41 Prozent gesunken – auch gut für die eigene Visitenkarte. (cb)