Als Energiequelle, als Speichermedium und als Ersatz für fossile Brennstoffe spielt Wasserstoff eine bedeutende Rolle bei der Energiewende. Vor diesem Hintergrund übergab Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Juli zusammen mit mehreren Wirtschaftsministern der Länder die Förderbescheide für 23 herausragende und zukunftsweisende Wasserstoffprojekte in Deutschland. Allein zwölf davon werden in Niedersachsen und Bremen realisiert.
Bei diesen Infrastrukturvorhaben handelt es sich um sogenannte IPCEI-Projekte – IPCEI steht für „Important Project of Common European Interest“ –, die der Bund und die Länder mit rund 4,6 Milliarden Euro unterstützten. Rund die Hälfte dieser 23 Projekte wird in Niedersachsen (insgesamt zehn) und in Bremen (zwei) realisiert. Dafür werden 1,28 Milliarden Euro beziehungsweise 65 Millionen Euro in die jeweiligen Bundesländer fließen. „Mit dieser Großinvestition in den Klimaschutz machen wir einen großen Schritt in Richtung des schnellen Aufbaus einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft und damit in die grüne Wasserstoffzukunft Niedersachsens“, sagt der niedersächsische Umwelt- und Energieminister Christian Meyer. Und Kristina Vogt, Bremer Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation, betont: „Der Bremer Industriestandort wird durch diese Investitionen insgesamt gestärkt. Es entstehen klimafreundliche Energie-Infrastrukturen, die auch anderen Industriezweigen im Land Bremen zugänglich sein werden.“
Eingebettet sind die hier beschriebenen Aktivitäten beider Bundesländer in die Norddeutsche Wasserstoffstrategie. Zur großtechnischen Erzeugung von grünem Wasserstoff, der Schaffung von ausreichenden „Wasserstoffautobahnen“ für den Transport des Energieträgers und dem Aufbau entsprechender Speicherkapazitäten kommen weitere Projekte zur Nutzung des grünen Wasserstoffs und technische Entwicklungsprojekte, etwa für grünes Fliegen, hinzu.
Auf dem Weg zum „grünen Wasserstoffland
Die zehn Infrastrukturprojekte in Niedersachsen verteilen sich auf drei Großelektrolyse-Projekte, sechs Wasserstoffleitungsvorhaben und ein Projekt zur Umrüstung eines Kavernenspeichers für Wasserstoff. Dazu sagt Christian Meyer: „Wir sind auf dem Weg, nicht nur Erzeugungszentrum und wichtiger Speicher-standort von Wasserstoff zu werden, sondern auch die Drehscheibe für den Import und die Verteilung von grünem Wasserstoff in Deutschland. Niedersachsen wird grünes Wasserstoffland Nummer eins.“
Von den drei angesprochenen Großelektrolyseuren zur Wasserstoffherstellung entstehen zwei in Lingen und einer in Emden. Über letzteren Standort sagt Meyer: „Emden ist schon jetzt einer der Hotspots für erneuerbare Energien in Niedersachsen. Durch das IPCEI-Projekt ,Clean Hydrogen Coastline‘ mit dem 320-Megawatt-Elektrolyseur wird das noch unter-mauert.“ Bei den beiden Elektrolyseurprojekten in Lingen, „LGH2 Lingen Green Hydrogen“ und „GET H2 Nukleus“, sollen vier Produktionseinheiten für grünen Wasserstoff entstehen – mit insgesamt rund 400 Megawatt.
Das zweite Standbein Niedersachsens bilden die sechs Leitungsvorhaben „Clean Hydrogen Coastline“, „Hy Per Link Niedersachsen“, „Green Octopus Mitteldeutschland“, „GET H2 OGE NI“, GET H2 Nowega NI“ und „GET H2 Thyssengas NI“. In diesem Zuge sind zahlreiche Kilometer an Wasserstoffpipelines quer durch Deutschland geplant. Abgerundet werden die Vorhaben für den Einsatz von grünem Wasserstoff durch die Schaffung von Speichermöglichkeiten in großem Maßstab. Dafür ist die Umrüstung des Salzkavernenspeichers in Huntorf (Elsfleth) vorgesehen. Unter der Bezeichnung „H2S Huntorf“ soll der dortige Speicher voraussichtlich ab 2027 Platz für bis zu 70 Gigawattstunden Wasserstoff bieten.
Mit Blick auf diese zehn Projekte bilanziert Meyer: „Die Hälfte der jetzt deutschlandweit geförderten Elektrolysekapazität – 720 Megawatt – und 40 Prozent der Wasserstoffpipeline-Länge – rund 800 Kilometer – werden in Niedersachsen realisiert. Die ausreichende Verfügbarkeit und der Einsatz von grünem Wasserstoff sind eine zwingende Voraussetzung für das Erreichen der Klimaziele und die Transformation von Energieversorgung und Industrie.“ Da passt es nur zu gut, dass bereits ein weiteres IPCEI-Pipelinevorhaben mit niedersächsischer Beteiligung unter dem Projektnamen „Aqua Ductus“ in Planung ist. Dieses soll ebenfalls durch Bund und Land gefördert werden. Vorgesehen sind dabei der Bau einer rund 300 Kilometer langen Wasserstoffpipeline in der Nordsee, deren Anlandung in Niedersachsen sowie der Anschluss an das künftige Wasserstoff-Kernnetz. Somit würde auch die Einbindung von künftig auf See erzeugtem Wasserstoff sowie von potenziellen Wasserstoffimporten aus Nordsee-Anrainerstaaten möglich.
Vielfältigkeit über IPCEI hinaus
Die Bescheide für die Förderung der bremischen Projekte „Clean Hydrogen Coastline“ und „Hy Per Link“ hat Habeck zusammen mit Maike Frese, Bremer Staatsrätin für Wirtschaft, ebenfalls im Juli an die beteiligten Unternehmen EWE und Gasunie übergeben. Die beiden Projekte beinhalten den Aufbau einer nachhaltigen Wasserstoffinfrastruktur in Bremen – ähnlich wie die dazugehörigen Teilprojekte in Niedersachsen. Im Bremer Teil von „Clean Hydrogen Coastline“ ist beabsichtigt, eine Wasserstoff-Elektrolyse in einer Größenordnung von 50 Megawatt am Standort Mittelsbüren in direkter Nähe des dortigen Stahlwerks aufzubauen. Und bei dem Projekt „Hy Per Link“ erfolgt auf Bremer Seite der Aufbau einer Leitungsinfrastruktur, um die Stadt an das entstehende bundesländerübergreifende Wasserstoffnetz anzubinden.
„Auch außerhalb der im Juli bewilligten IPCEI-Projekte haben wir zahlreiche Aktivitäten zum Thema Wasserstoff im Land Bremen“, ergänzt Vogt und verweist unter anderem auf zwei weitere IPCEI-Projekte. „DRIBE 2“ wurde bereits Ende Mai bewilligt, wird mit einem hohen dreistelligen Millionenbetrag gefördert und hat die Umstellung des Betriebs im Stahlwerk von Arcelor Mittal in Bremen auf Wasserstoff zum Ziel. Mit dieser Maßnahme soll eine Emissionsminderung von rund 50 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes in Bremen erreicht werden. „WOPLIN“ ist ein gemeinsames Projekt der Airbus-Standorte Bremen, Hamburg und Stade, bei dem die Grundlagen für die Verwendung von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie für die Produktion eines klimafreundlichen Flugzeugs geschaffen werden sollen. Für dieses Projekt liege die beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission vor, der Förderbescheid stehe aber noch aus.
Zu den weiteren Großprojekten in Bremen zählt der geplante „Energy Port“ in Bremerhaven. Er kann, soweit eine Finanzierung sichergestellt und die rechtliche Machbarkeit bestätigt wird, auch zur nationalen Versorgung mit grünen Energieträgern beitragen. Die Anbindung Bremerhavens an das Wasserstoff-Kernnetz ist geplant. Das „Hydrogen Lab Bremerhaven“ und der „Ecomat Hydrogen Campus“ in Bremen sind zwei weitere Stichworte für Forschung, Entwicklung, Dienstleistungen und Produkte aus dem Land Bremen. (bre)