Blaue Vielseitigkeit

ELiberty Pier gibt es erst seit knapp fünf Jahren. Dennoch vereint der maritime Dienstleister unter seinem Dach jahrzehntelange Erfahrungen in unterschiedlichen Bereichen der Schifffahrtsindustrie. Der Grund für diesen scheinbaren Widerspruch: Das Unternehmen entstand aus dem Zusammenschluss von Liberty One und dem Handelshaus Bremen, die ihre jeweils langjährige Expertise in den Segmenten Beratung und als Schiffsmakler gemeinsam in die Waagschale geworfen haben. So zählen heute die Bereiche Asset-Management & Finance, Projektkoordination & Controlling sowie Chartering und Sale & Purchase zu den Kernkompetenzen von Liberty Pier. Darüber hinaus bietet der Dienstleister mit Sitz in Bremen und Niederlassungen in Shanghai und Leer Befrachtungsdienste für Deepsea-, Shortsea- und innereuropäische Verschiffungen an. Doch egal, welche dieser Leistungen die Kunden anfragen, der Leitgedanke eines nachhaltigen Umgangs mit den Ozeanen und damit auch einer nachhaltigen Schifffahrt ist für alle weiteren Schritte maßgebend. „Wir steuern bewusst den Kurs der Blue Economy und setzen uns dabei unter anderem aktiv für die Einführung umweltfreundlicher Technologien und nachhaltiger Brennstoffe ein, sowohl bei der Bestandsflotte als auch bei Neubauten“, macht Ole Bendlin deutlich, der zusammen mit Susanne Meyer und Dietrich Schulz die Geschäftsführung von Liberty Pier bildet.

Nachhaltigkeit hat viele Formen

Diese Philosophie spiegelt sich auch in den unterschiedlichen Projekten wider, die Liberty Pier auf den Weg bringt. So hat man unter anderem jüngst das Investment in einen mittelgroßen Mehrzweckfrachter begleitet, der den maritimen Transport von erneuerbaren Energieprojekten einschließlich Windturbinenteilen sicherstellt. „Hier haben unsere An- und Verkaufsmakler das passende Asset gefunden, unsere Finanzabteilung das benötigte Eigenkapital eingeworben, und schließlich haben wir das Schiff in eine mehrjährige Beschäftigung gebracht“, fasst Bendlin es zusammen. Noch deutlicher wird der Beitrag des Unternehmens zu einer nachhaltigen Schifffahrt, wenn es um neue Schiffdesigns und die Bereitstellung moderner Transportkapazitäten geht. Hier hat Liberty Pier zusammen mit SDC Ship Design & Consult erst kürzlich das Design für einen 2.000-TEU-Container-Feeder mit Dual-Fuel-Methanolantrieb und ein 5.300-DWT-Küstenmotorschiff mit gleichem Antrieb entwickelt – inklusive aller Bauzeichnungen und Klassezulassungen. Somit könnten diese Schiffe sofort gebaut werden, wenn die entsprechenden Partner aus der Industrie gefunden sind.

Ebenso haben die Bremer für verschiedene Stakeholder umfangreiche Marktstudien rund um den Einsatz von nachhaltigen Treibstoffen wie Ammoniak, Wasserstoff, Biomethanol und E-Methanol erstellt, um diesen den entsprechenden Markteintritt zu ermöglichen. Viele dieser Stakeholder nutzen auch die eigens von Liberty Pier entwickelte Datenbank „Vidisea“, die nicht nur einen Überblick über operative, nautische und finanzielle Daten liefert, sondern auch Zahlen, die zu einem optimierten und nachhaltigen Schiffsbetrieb beitragen. „In Kürze planen wir überdies, einen CO2-Rechner in die Plattform zu integrieren“, so Bendlin.

Besonders stolz ist man bei Liberty Pier auch auf die erfolgreiche Organisation der ersten Blue Convention im vergangenen September in Leer. Zu dem Tagesevent kamen rund 400 Besucher, um sich in offenen Diskussionsrunden zur nachhaltigen Nutzung der Meeresressourcen auszutauschen. „Die Resonanz auf die Blue Convention war so überwältigend, dass wir planen, diese Veranstaltung zukünftig im Zweijahresrhythmus zu etablieren“, so Bendlin. Ein nächster Termin dafür stehe schon fest: der 26. September 2025. Und mit einem Augenzwinkern ergänzt der Manager: „Trotz unseres ‚blauen Kurses‘ agieren wir unabhängig von jeglicher politischen Couleur. Um unsere Ideen und Innovationen zu realisieren, wollen wir möglichst unterschiedliche Marktteilnehmer und Menschen aus verschiedenen Altersgruppen mit ins Boot holen – so wie es uns auch bei der Blue Convention gelungen ist.“

Dialog auf der Blue Convention: Dietrich Schulz, geschäftsführender Gesellschafter von Liberty Pier, im Gespräch mit Moderatorin Annie Heger

„Diversität ist ein Gewinn“

Überhaupt setzt man bei Liberty Pier auf eine Vielzahl unterschiedlicher Impulse – sowohl extern als auch intern. „Wir haben schnell gelernt, dass Diversität und damit auch unterschiedliche Kulturen für uns nicht nur eine Chance, sondern ein echter Gewinn sind“, unterstreicht Bendlin. Dabei verweist er insbesondere auf den reibungslosen Austausch mit den Kollegen in Shanghai, mit denen man täglich in Verbindung stehe. Komplikationen in der interkulturellen Kommunikation zwischen Ost und West habe es von Anfang an nicht gegeben – auch weil sich alle Beteiligten zuvor schon von persönlichen Treffen kannten. Allerdings kann sich Bendlin noch gut an einen interkulturellen Fehltritt erinnern, dem er auf einer China-Reise erst in letzter Sekunde entgangen ist: „Als besonderes deutsches Gastgeschenk hatte ich eine Miniatur-Schwarzwalduhr mitgebracht. Was ich damals nicht wusste, war, dass man einem Chinesen nie eine Uhr schenken sollte. Denn die Bedeutung einer Uhr ist, dass die Zeit des Betreffenden abgelaufen ist.“ Zum Glück wurde Bendlin aber vor Ort rechtzeitig auf die besondere Symbolkraft von Uhren in China hingewiesen. „So verlief der Besuch leider ohne das übliche Gastgeschenk. Dafür musste ich umso mehr Karaoke singen“, präsentierte sich der Manager in der für Liberty Pier typischen Art – vielseitig. (bre)