Die Bremer Reederei F. A. Vinnen & Co. navigiert schon seit sieben Generationen immer wieder auch durch unruhige Zeiten. Wie das
dem mittelständischen Schiffseigner gelingt, hat der Chef und Inhaber Michael Vinnen dem LOGISTICS PILOT im Gespräch erzählt.
Beispiele dafür sind der Umstieg von Holz- auf Stahlschiffe und der Übergang von Segeln zu Dampf- und später Motorschiffen. Mit der Wiederaufnahme der Seeschifffahrt nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt 1955 die Ära der Vercharterung der Schiffe an große Linienreedereien. Seit den 1980er-Jahren sind es Containerfrachter, die an Marktführer wie Maersk, CMA, MSC und Hapag-Lloyd verchartert sind. 2011 kam als neues Geschäftsfeld die Bereederung von Schiffen in Fremdeigentum dazu.
Seit 2001 führt Michael Vinnen in der siebten Generation die älteste Reederei Bremens, seit 2007 gemeinsam mit Geschäftsführer Bernd Hein. Während der Nautiker Hein sich um operatives Geschäft, Nautik, Technik sowie Versicherungen, Betrieb und Personal kümmert, verantwortet Volkswirt Vinnen Projekte, Befrachtung und Zeitcharter sowie Finanzen. Letztere hat er stets gut im Blick behalten: „In der KG-Zeit haben wir uns zurückgehalten, und das hat uns in der Schifffahrtskrise geschützt.“
Ohne Marktnische geht es nicht
Doch auch nach dem Ende dieser zwölf Jahre, in der die deutsche Flotte sehr gelitten hat, gibt es weitere große Herausforderungen. Dazu zählt der Trend zur Konsolidierung bei den Containerlinienreedereien. Doch nicht bei den Schiffseignern. Die derzeitige Größe – die Reederei besitzt beziehungsweise bereedert neun Containerschiffe zwischen 2.600 und 5.000 TEU und mit einer Gesamtkapazität von 40.000 TEU – sei ausreichend. „Die Bedingungen im Schiffsmanagement waren immer schon vielschichtig“, unterstreicht Vinnen, „jeder muss seine Marktnische finden.“
In den Jahren 2020 bis 2022 hat auch die Reederei gut verdient und stand vor der Wahl, die Schiffe aufgrund der enormen Nachfrage nach Kapazität zu hohen Preisen zu verkaufen oder zu gewinnträchtigen Frachtraten für mehrere Jahre zu verchartern. „Wir haben uns für letztere Variante entschieden, sodass viele Schiffe noch bis ins nächste Jahr und teilweise sogar darüber hinaus verchartert sind“, berichtet der Reedereichef.
„Mitte 2022 sind dann die Raten aufgrund des Mengenrückgangs eingebrochen und noch schneller gefallen, als sie zuvor gestiegen waren“, erinnert sich Vinnen. 2023 sei hingegen in Bezug auf die Raten ein relativ normales Jahr gewesen. Seit Dezember bindet nun der aufgrund der Attacken auf Handelsschiffe im Roten Meer gewählte Umweg über das Kap der Guten Hoffnung mehr Schiffskapazität, wodurch die Fracht- und Charterraten kurzfristig gestiegen sind.
Kaskadeneffekt nach Neubauboom
In Bezug auf die weitere Entwicklung der Charterraten ist Vinnen jedoch skeptisch: „Rund 25 Prozent der bestehenden Containertonnage in TEU wird in den kommenden drei Jahren noch einmal als Neubautonnage hinzukommen, der Markt aber wahrscheinlich nicht besonders stark wachsen.“ Dies löse auch wieder einen Kaskadeneffekt aus, der dazu führe, dass die neuen großen Schiffe kleinere ersetzten und damit auch der Markt der mittleren und kleineren Schiffe betroffen sei.
Was eigene Neubauten von Containerfrachtern betrifft, ist Vinnen eher vorsichtig. In Betracht kommen könnte jedoch Second-Hand-Tonnage, sobald sich hier die Preise normalisiert haben. Allerdings: „Inzwischen kaufen viele Linienreedereien wie MSC ihre Schiffe selbst, der Anteil der Charterreedereien an der gesamten Flotte sinkt.“ Da das Modell der Charterreederei einen ausreichend großen Markt erfordert, könnte künftig das Bulksegment interessant werden, in dem traditionell mehr Bewegung ist.
Grundsätzlich blickt Vinnen für die Containerschifffahrt optimistisch in die Zukunft: „Natürlich gibt es Verlagerungen von Produktionsstandorten – dafür wird das Wachstum in Afrika und Südamerika sowie in Süd- und Südostasien in den nächsten 20 Jahren steigen.“ Das zeigten auch die großen Investitionen in die Häfen dieser Regionen.
Transformation der Schifffahrt als Megaaufgabe
Der nächste „epochale Schritt“ seien die Umweltanforderungen. „Die Unsicherheit, welcher Treibstoff sich hier durchsetzt und wo dieser in welcher Menge zu welchen Preisen verfügbar sein wird, sprechen bei einer Charterreederei, die für alle Fahrtgebiete offen sein muss, zurzeit gegen Neubauten: Maersk kann Verträge für die Treibstoffversorgung von seinen Schiffen in seinen festen Häfen abschließen, wir können das nicht.“
Vinnen setzt daher vor allem auf Retrofit bei den Bestandsschiffen und investiert dafür jeweils siebenstellige Beträge. Bei zwei Schiffen, deren Klassenerneuerung Ende 2024 ohnehin Zeit im Trockendock erfordert, werden unter anderem effizientere Propeller, ein neuer Wulstbug und ein kleiner Hilfskessel für den Betrieb im Hafen installiert, um die Verbräuche und damit die Emissionen zu verringern. Überdies wird die Leistung der Hauptmaschine begrenzt und eine silikonbasierte Antifouling-Farbe auf den Rumpf aufgetragen, die den Bewuchs und die damit verbundenen Reibungsverluste verringert.
„All das kann den Treibstoffverbrauch um circa 20 Prozent reduzieren. Gut für die Umwelt, und es erhöht den Wert auf dem Chartermarkt“, berichtet Vinnen. Die Linienreedereien achteten nicht mehr nur auf die Größe und Ladungsfähigkeit, sondern vor allem auf den Verbrauch und verlangten dafür auch entsprechende Nachweise. „Man muss sich anpassen und den Markt lesen können“, so Vinnens Resümee. Ein Geheimrezept gebe es nicht – „wir haben überlebt, weil wir in guten Zeiten Maß gehalten haben und langfristig planen.“(cb)
„Man muss sich anpassen und den Markt lesen können.“
Michael Vinnen ist seit 2001 Chef und seit 2016 Inhaber der Reederei F. A. Vinnen & Co. Seit 2013 ist er zudem Vorsitzender des Bremer Rhedervereins.
Fakten
Reederei F. A. Vinnen & Co.
Gründung: 1797
Geschäftsfeld: Reeder und Schiffsmanager
für neun Containerschiffe mit insgesamt 40.000 TEU
Mitarbeiter: 14 Mitarbeiter in Bremen und
zehn in Manila sowie etwa 300 Seeleute