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„Ein bisschen Bauchpinseln gehört dazu“

Wer beruflich nach Singapur reist, den erwartet nicht nur eine internationale, hochmoderne Geschäftswelt, sondern auch eine spannende Mischung aus verschiedenen Nationalitäten. Diese Vielfältigkeit macht es besonders schwer, eine Erfolgsformel für den richtigen Umgang mit Geschäftspartnern zu finden. Man sollte aber vor allem versuchen, dort den Spagat zwischen souveränem und höflichem Auftreten zu meistern.

Fotos: iStock/ismagilov, privat

Im chinesisch dominierten Singapur muss der europäische Gast darauf gefasst sein, dass er es mit Gesprächspartnern zu tun hat, die eine für ihn scheinbar undurchsichtige und vage Verhandlungsstrategie fahren und die die Marschroute „Zeit ist Geld“ ihrerseits als unhöflich empfinden. „Für die Menschen dort ist es vielmehr elementar, bei geschäftlichen Besprechungen stets die Harmonie und die Einheit zwischen den Partnern zu betonen. Dazu gehört es auch, kritische Anmerkungen möglichst zu vermeiden und das Wort ‚nein‘ so weit wie möglich aus dem Sprachschatz zu streichen“, sagt die gebürtige Sino-Malaysierin Molly Ng, die als interkulturelle Trainerin und Beraterin über langjährige Expertise in der deutsch-asiatischen Zusammenarbeit verfügt und bereits zahlreiche internationale Unternehmen durch interkulturelle Wissenstransfer-Trainings unterstützt hat. Mit diesem reichhaltigen Erfahrungsschatz in der Hinterhand rät sie: „Bitte verlieren Sie nie die Fassung, unabhängig davon, wie schwierig die Situation auch erscheinen mag. Agieren Sie stets souverän, denn alles andere wird Ihnen als Unsicherheit und fehlende Kompetenz ausgelegt.“ Das Wichtigste sei dabei, die Balance zwischen einem selbstsicheren und konsequenten Auftreten sowie einer höflichen, zurückhaltenden Haltung zu bewahren. „Nur so gelingt es, sein eigenes Gesicht, und das der Anderen zu wahren, um die geschäftliche Beziehung auf solide Beine zu stellen“, so Ng.

Visitenkarte in Mandarin kein Muss

Für eine gute zwischenmenschliche Chemie sollten sich Europäer zudem in Geduld üben und den Gesprächen genügend Zeit einräumen, um ein entsprechendes Vertrauensverhältnis aufzubauen. „In der Kennenlernphase kann es nicht schaden, auch mal die leckeren Speisen und den Fortschritt in Singapur zu loben oder seine Bewunderung in anderer Weise zum Ausdruck zu bringen. Denn ein bisschen Bauchpinseln gehört immer dazu“, bilanziert Ng mit einem Augenzwinkern. Weniger geschickt sei es hingegen, die Menschen in Singapur von den vermeintlichen Vorteilen der Demokratie überzeugen zu wollen oder andere politische oder religiöse Grundsatzdiskussionen zu führen. Hilfreich könne es jedoch sein, wenn die erste Kontaktaufnahme über eine gemeinsame Kontaktperson erfolgten könne, die im besten Fall in der Lage ist, Positives über beide Seiten zu berichten und auf mögliche Schnittmengen hinzuweisen. Unerlässlich für eine erfolgreiche Kommunikation seien überdies gute englische Sprachkenntnisse und die Fähigkeit, auch nonverbale Signale des Gegenübers wie Schweigen und Lächeln entsprechend interpretieren zu können. Dafür ist es natürlich hilfreich, wenn man sich bereits vor der Reise mit den Einstellungen, Werten und der Mentalität der Singapurer vertraut macht. Ebenso empfiehlt Ng, auch eine Visitenkarte mit der Nennung des jeweiligen Titels in englischer Sprache zu nutzen. Dem in einigen Businessguides genannten Tipp, die Rückseite der Visitenkarte auf Mandarin und in goldener Schrift zu bedrucken, steht sie eher skeptisch gegenüber. „Das ist meiner Meinung nach überzogen“, so Ng. Dafür rät sie aber, die Visitenkarte mit beiden Händen zu übergeben und entgegenzunehmen und die Karte stets für den Empfänger in lesbare Richtung zu halten. Gleichzeitig verweist sie darauf, dass der geschäftliche Händedruck bei der Begrüßung in Singapur längst nicht so fest ausfällt wie in Deutschland. „Das sollten die Europäer nicht bemängeln, sondern vielmehr als einen Ausdruck der Zurückhaltung und des Respekts interpretieren“, gibt Ng zu bedenken. Im Gegenzug kann der Gast seine Wertschätzung dadurch erweisen, dass er pünktlich und mit angemessener Bekleidung zu den angesetzten Terminen erscheint. „Sowohl Business smart als auch Business casual sind dabei gern gesehen. Bei Frauen bedeutet das, dass Röcke und Kostüme über die Knie reichen sollten, bei Männern, dass sie Jeans, Shorts und Polohemden besser für Freizeittermine aufheben“, erklärt Ng.

Rückendeckung für Frauen

Beim Thema Frauen und Männer wird dem europäischen Gast in Singapur schnell die erfreulich hohe Zahl an Frauen in Führungspositionen auffallen. „Das hat viele Gründe“, so Ng. „Unter anderem ist diese Entwicklung darauf zurückzuführen, dass die Großfamilie dort sehr geschätzt wird und dass sich Oma und Opa entsprechend häufig anbieten, um auf den Nachwuchs aufzupassen. Dadurch können sich die Eltern – und speziell die Mütter – stärker als hierzulande auf ihre Arbeit konzentrieren.“ Ebenso sei das Angebot an privaten und staatlichen Kitas in Singapur sehr groß und werde oftmals in Zeitfenstern zwischen 6 und 19 Uhr angeboten. „Das wäre doch auch eine Option, über die man in Deutschland nachdenken könnte, oder?“, gibt sie uns als Anregung mit auf den Weg – um dann noch kurz auf das Thema Hierarchien zu sprechen zu kommen. „Sie spielen in Singapur eine wichtige Rolle. Deshalb sollte man immer darauf achten, möglichst mit Personen der gleichen Hierarchieebene zu verhandeln. Dabei gilt es, die Ranghöheren zuerst zu begrüßen und ihnen auch bei Tisch den Vortritt zu gewähren.“ Und wem im Angesicht so vieler unterschiedlicher Herausforderungen jetzt der Angstschweiß ausbrechen sollte, dem sei gesagt: Singapur ist aber immerhin der europäischste Ort in ganz Asien. (bre)

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Fritz Frey, Trainer  Zentrum für Interkultures Management & Diversity (ZIM)

„Hierarchien spielen in Singapur eine wichtige Rolle.“

Molly Ng, interkulturelle Trainerin und Beraterin

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