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Magazin für Häfen, Schifffahrt und Logistik

Beachtliches Wachstumspotenzial trotz aktueller Stagnation

Die Experten sind sich einig: Obwohl die Coronapandemie die Entwicklung in Nordafrika seit mehr als einem Jahr ausbremst, werden Ägypten, Algerien, Libyen, Marokko und Tunesien ihre Stellung als Handelspartner Deutschlands langfristig weiter ausbauen.

Fotos: istockphoto: Russiese O (3), AdobeStock: Rangzen (2), Carl Ungewitter, JadeCarDienst, klabautermannimages, Nordfrost (2)

Volker Kröning, Honorarkonsul des Königreichs Marokko für Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie ehemaliges Mitglied des Bremer Senats und des Deutschen Bundestags, fasst die aktuelle Lage wie folgt zusammen: „Diese Länder spielen nicht nur für den Handel und den Tourismus mit Europa, sondern auch für den Wohlstand am gesamten Mare nostrum eine wichtige Rolle. Auch für Deutschland sind sie als Absatzmarkt von zentraler Bedeutung.“ Schließlich ging fast die Hälfte aller deutschen Afrikaexporte in diese fünf Länder – und zwar mit einem Warenwert von rund 9,5 Milliarden Euro.

Auch Martin Kalhöfer, Bereichsleiter Afrika/Nahost bei der bundeseignen Wirtschaftsförderungsgesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI), attestiert dem Norden des afrikanischen Kontinents ein enormes Potenzial: „Mit der 2019 beschlossenen African Continental Free Trade Area, kurz AfCFTA, wird die größte Freihandelszone der Welt entstehen, die zu einem Abbau von rund 90 Prozent der Zölle in der Region führen soll.“ Noch sei das aber Zukunftsmusik, da der Maghreb derzeit zu den weltweit am wenigsten integrierten Wirtschaftsräumen zähle. „Von einer stärkeren Zusammenarbeit innerhalb der Region – ob bei Investition, beim Handel oder beim Ausbau der Infrastruktur – können auch die Partner in Subsahara und Europa stark profitieren“, ist sich Kalhöfer sicher.

Richtungsweisende Projekte in allen Ländern

Aus europäischer Sicht punktet Ägypten vor allem mit zwei Alleinstellungsmerkmalen: dem größten Absatzmarkt der Region und dem Sueskanal als Brücke nach Asien. Durchschnittlich 50 Schiffe pro Tag passieren den Meereskanal und transportieren dabei etwa zwölf Prozent des Welthandelsvolumens. Hinzu kommt, dass die 38 kommerziellen Seehäfen des Landes, mit Alexandria an der Spitze, im vergangenen Jahr rund 156 Millionen Tonnen an Waren umgeschlagen haben. „Aktuell investiert die ägyptische Regierung mit Unterstützung internationaler Geber und chinesischer Investoren massiv in den Ausbau ihrer Häfen, vor allem in Alexandria und Ain Suchna. Außerdem sollen neun weitere Trockenhäfen hinzukommen, von denen DB Schenker den Trockenhafen 6th of October entwickeln und betreiben wird“, berichtet Kalhöfer.

„Weiter westlich hat sich Marokko – neben Südafrika – inzwischen zum wichtigsten Markt für die Automobilbranche entwickelt. Aber auch wenn es um Textilien, Landwirtschaft, Luftfahrt und erneuerbare Energien geht, bildet das Land eine wichtige Schnittstelle zwischen Europa und Afrika“, so Kröning. Gleichzeitig verweist er auf den modernen Hafen in Tanger und die dortige Topinfrastruktur für Schiene und Straße. Weitere Hubports des Landes befinden sich in der Wirtschaftsmetropole Casablanca und am Tourismus-Hotspot Agadir. Insgesamt verfügt Marokko über 13 Häfen, die für den Außenhandel zugelassen sind. Viele von ihnen sollen in den nächsten Jahren ausgebaut werden. Dafür hat die Agence Nationale des Ports (ANP) von 2020 bis 2022 Investitionen von insgesamt 360 Millionen US-Dollar vorgesehen.

„Auch Tunesien ist gut aufgestellt, um seine Position in den internationalen Lieferketten weiter zu stärken. Derzeit kommen vor allem Vor- und Fertigprodukte für die Automobil-industrie, Textilien und Nahrungsmittel von dort zu uns“, berichtet Kalhöfer.

„Diese Länder spielen für den Wohlstand am gesamten Mare nostrum eine wichtige Rolle.“

Volker Kröning, Honorarkonsul des Königreichs Marokko für Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern

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Der fast 200 Kilometer lange Sueskanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und dem Indischen Ozean. Er gilt als eine der wichtigsten Verkehrsadern des Welthandels.

Zwar seien die Qualität der Infrastruktur und die Effizienz der Abwicklungsvorgänge in den Jahren nach dem Arabischen Frühling (siehe Seite 18) zurückgegangen, doch plane man auch dort, die Modernisierung der Häfen voranzutreiben. „Dazu gehört beispielsweise die Restrukturierung des Hafens von Radès, für die die staatliche Millennium Challenge Corporation aus den USA rund 325 Millionen US-Dollar bereitstellen will, oder die Umsetzung des geplanten Tiefwasserhafens Enfidha, an der sich weitere internationale Unternehmen beteiligen wollen“, so Kalhöfer.

Obwohl in Algerien Projektverzögerungen an der Tagesordnung sind, hat Kalhöfer auch dort Entwicklungsperspektiven im Seetransport ausgemacht. Ein zentrales Projekt ist seiner Ansicht nach der Tiefseehafen von El Hamdania, rund 90 Kilometer westlich von Algier. „Dieser ist bereits seit Jahren in Planung. Nun sollen aber in Kürze die Bauarbeiten starten“, so Kalhöfer. Läuft alles wie geplant, würde das den Hafen in die Liga der größten Häfen am Mittelmeer katapultieren. Denn dort sollen 23 Terminals entstehen, die auf eine Umschlagskapazität von 6,5 Millionen TEU im Jahr ausgelegt sind. Parallel dazu will die Regierung das Schienennetz des Landes von derzeit rund 4.200 Kilometern auf zunächst 6.500 im Jahr 2023 und bis 2030 auf 12.500 Kilometer ausbauen.

Eine Sonderstellung unter den Ländern Nordafrikas nimmt Libyen ein. „Das Land verfügt über die größten Erdölreserven des Kontinents und über erhebliche Gasvorkommen, die bei einer Rückkehr zur politischen Stabilität einen dauerhaften Aufschwung einleiten könnten“, fasst Kröning zusammen. Doch gerade was die libysche Infrastruktur betrifft, sieht er erheblichen Nachholbedarf, insbesondere in Bezug auf die Strom- und Wasserversorgung. Und Kalhöfer unterstreicht: „Die dortige Infrastruktur ist allein auf den Inlandshandel ausgerichtet, der hauptsächlich über die Häfen abgewickelt wird. Im internationalen Warenhandel spielt Libyen als Transitland keine Rolle.“

Detailwissen über regionale Besonderheiten hilft

Unter diesen schwierigen Bedingungen ist Carl Ungewitter Trinidad Lake Asphalt bereits seit rund 40 Jahren in Libyen aktiv. Der in Bremen ansässige Logistikdienstleister kann nach eigener Aussage seit 2001 als erste deutsche Spedition eine registrierte Auslandsniederlassung in dem nordafrikanischen Staat anbieten. Heute organisiert und koordiniert man neben dem weiteren Kerngeschäft des Naturasphaltimports aus Trinidad auch die weltweite Ersatzteilbeschaffung für die Ölindustrie in Libyen. Die Warenpalette reicht dabei von Kranen, Rotoren und Generatoren über Chemikalien zur Trennung von Öl und Gas bis hin zum persönlichen Equipment der Mitarbeiter vor Ort. „Wir verladen diese Güter wahlweise per Seefracht, Luftfracht oder via Kurierservice aus aller Herren Länder. Dabei kommt es häufig aus zeitlichen Gründen zu einer Kombination der verschiedenen Verkehrsträger, erklärt Birgit Gerrelts, Speditionsleiterin bei Carl Ungewitter. Die wichtigsten Anlaufpunkte für den Weitertransport ins Landesinnere seien die See- und Flughäfen in Mitiga, Misrata und Bengasi. Ebenso nutze die regionale Ölindustrie vorwiegend die Häfen in Marsa el Brega und Ras Lanuf. „Der anschließende Weitertransport erfolgt ausschließlich per Lkw. Die vor der Revolution geplante Eisenbahnverbindung von Misrata nach Bengasi ist bis heute nicht fertiggestellt worden“, so Gerrelts weiter.

„Für alle afrikanischen Destinationen ist ein detailliertes Wissen über die Besonderheiten der individuellen regionalen Logistiksituation erforderlich“, betont Gerrelts überdies. Im Falle Libyens bestünden zum Beispiel extrem strikte Vorgaben bei der Importabfertigung. Dazu gehören unter anderem die konsequente Vorlage von Originaldokumenten beim Zoll und die Forderung von beglaubigten sowie teilweise durch die libysche Botschaft legalisierten Ursprungszeugnissen, die die Herkunft der Waren dokumentieren. „Das sind aber nur einige Gründe, die Dokumentation der Exporte vor einer Verschiffung akribisch zu überprüfen“, so Gerrelts. Ebenso wichtig sei es, stets bestens über die aktuellen Bestimmungen vor Ort informiert zu sein. Dementsprechend schult Carl Ungewitter nicht nur seine eigenen Mitarbeiter, sondern bietet auch Seminare im Bereich Transport und Logistik für seine libyschen Kunden an. Letzteres ist aufgrund der Coronapandemie momentan jedoch nicht möglich. „Die Nachfrage nach den Logistikseminaren ist aber nach wie vor groß, und wir werden diese fortsetzen, sobald unsere libyschen Kunden wieder reisen dürfen“, so Gerrelts. Über die allgemeine Situation in dem nordafrikanischen Land resümiert sie abschließend: „Leider hat die dortige Infrastruktur nach zehn Jahren Bürgerkrieg stark gelitten, sodass es noch einiger Zeit und erheblicher Investitionen bedarf, um das Land an seinen vergangenen Wohlstand anknüpfen zu lassen.“

„Mit der 2019 beschlossenen AfCFTA wird die größte Freihandelszone der Welt entstehen.“

Martin Kalhöfer, Bereichsleiter Afrika/Nahost Germany Trade & Invest (GTAI)

Es dominieren die Unterschiede

Der Blick auf die vorläufigen Zahlen des Landesamts für Statistik Niedersachsen für das Jahr 2020 zeigt: Es gibt nur wenige Parallelen bei den Wirtschaftsdaten zu Algerien, Ägypten, Libyen, Marokko und Tunesien. Vielmehr dominieren die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Das fängt bei den stark variierenden Handelsvolumen, gemessen als Summe der Exporte und Importe, an. Hier führt Ägypten das Fünf-Nationen-Ranking im Warenaustausch mit Niedersachsen mit einem Warenwert von rund 351 Millionen Euro klar an, gefolgt von Marokko (237 Millionen Euro) und Tunesien (207 Millionen Euro). Mit weitem Abstand folgen dann Algerien (87 Millionen Euro) und Libyen mit 31 Millionen Euro. Spannend ist dabei, dass Niedersachsen in allen Fällen außer Tunesien, wertmäßig mehr Waren aus- als eingeführt hat.

Ähnliche Unterschiede zeigen sich bei den in 2020 gehandelten Warengruppen. So waren in Ägypten, Marokko und Tunesien vor allem Personenkraftwagen und Wohnmobile aus Niedersachsen gefragt. Nach Algerien dominierte 2020 hingegen der Export von Rohtabak und Tabakerzeugnissen, während Libyen vor allem auf Käse aus Niedersachsen setzte. Umgekehrt bezog das deutsche Bundesland aus Marokko und Tunesien vorrangig Geräte zur Elektrizitätserzeugung und -verteilung. Aus Algerien sind hingegen Schalen- und Trockenfrüchte besonders gefragt gewesen, aus Ägypten Obstzubereitungen und Obstkonserven. Aus Libyen liegen für 2020 noch keine vorläufigen Zahlen für die einzelnen Warengruppen vor, 2019 dominierte von dort jedoch der Import medizinischer Geräte. Die Einfuhr von Erdöl und Erdgas, die 2016 noch fast 95 Prozent der Importe Niedersachsens aus Libyen ausmachten, erscheint hingegen seit 2017 nicht mehr in den Einfuhrstatistiken des Landesamts für Statistik Niedersachsen.

Ein erschreckendes Bild zeigte sich beim Abgleich der Export- und Importzahlen von 2020 mit denen von vor der Coronapandemie. Lediglich die Einfuhr aus Ägypten (+21,4 Prozent) und die Ausfuhr nach Libyen (+17,2 Prozent) sind in diesem Zeitpunkt gestiegen, alle anderen Werte sanken zum Teil deutlich. Den stärksten Einbruch erlebten die Importe aus Algerien (-89,7 Prozent) und die Einfuhren aus Libyen (-98,6 Prozent). (bre)

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Dieser 73 Tonnen schwere Trencher wurde jüngst von Carl Ungewitter von Bremen nach Libyen verschifft. Mit ihm werden beispielsweise Gräben für Kabel, Rohre oder Drainagen gezogen.

„Piranha“ mit Appetit auf Autos

Ein noch relativ neues Gesicht auf dem nordafrikanischen Markt ist das Wilhelmshavener Unternehmen Jade Car Logistics, das 2020 gegründet wurde und das sich darauf spezialisiert hat, Gebrauchtfahrzeuge von Deutschland nach Libyen zu transportieren. „Nach einer erfolgreichen Testphase im vergangen Jahr haben wir im Februar dieses Jahres mit unserem Partner Clapotis Maritime DMCC und dem Carcarrier ‚Pelagic Piranha‘ einen festen Liniendienst etabliert, in dessen Rahmen wir regelmäßig Pkw und Lkw für den afrikanischen Markt verschiffen“, erläutert Josef Nasr, Geschäftsführer von Jade Car Logistics und AML Ship Management.

Dabei startet der Dienst von Wilhelmshaven aus über Amsterdam, Antwerpen und Genua, um dann nach 27 bis 31 Tagen die Löschhäfen Misrata und Bengasi in Libyen anzulaufen. „Bisher wurde unser Angebot vom Markt überaus positiv angenommen, und wir konnten die Zahl der transportierten Fahrzeuge kontinuierlich steigern. Waren es bei den ersten beiden Reisen noch rund 700 Fahrzeuge, ist ihre Zahl bei den letzten beiden Verschiffungen auf 1.500 und 1.600 angewachsen“, resümiert Nasr.

Beim Blick auf die zukünftige Entwicklung der Märkte in Nordafrika übt er sich allerdings in Zurückhaltung: „Ich bin mir sicher, dass im Zuge der stetig wachsenden Bevölkerungszahlen auf dem afrikanischen Kontinent auch die Nachfrage nach Pkw und Lkw weiter wachsen wird. Auf der anderen Seite ist die politische Situation in Libyen aber so fragil, dass man nicht davon ausgehen kann, dass alles immer reibungslos laufen wird“, warnt Nasr. Was Jade Car Logistics angeht, so plane man langfristig mit dem besagten Liniendienst, allerdings wohl schon bald ohne den Anlauf in Italien, um die Rundreisezeit zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund attestiert Nasr den dortigen Behörden bei der Zollabwicklung ein „gutes digitales Niveau“, verweist aber gleichzeitig auf erhebliche Schwachstellen bei der finanziellen Abwicklung der Geschäfte: „Bis jetzt gibt es noch keine zufriedenstellenden Möglichkeiten für den Geldtransfer von Afrika nach Europa“, so der Manager.

„Die Infrastruktur in Libyen hat nach zehn Jahren Bürgerkrieg stark gelitten.“

Birgit Gerrelts, Speditionsleiterin Carl Ungewitter

27 bis 31 Tage nach dem Laden der Fahrzeuge werden diese in den libyschen Bestimmungshäfen gelöscht.

Coole Logistik rund um die Knolle

Bereits seit den 90er-Jahren wickelt Nordfrost als Logistiker den Import von Frühkartoffeln aus Ägypten ab – zunächst über konventionelle Kühlschiffe, die im Inneren Hafen von Wilhelmshaven ihre Ladung gelöscht haben, dann, seit 2016, über Containerschiffe, die im Containerhafen Wilhelmshaven festmachen. Im Auftrag des Kunden Dankers Daltex Europe werden die eingeführten Kartoffeln nach erfolgter Verschiffung im Kühlcontainer per Truck direkt in das benachbarte Nordfrost Seehafen-Terminal gebracht. Dort erfolgt die phytosanitäre Beschau und die amtliche Probenahme durch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK). „Die Lagerdauer beträgt je nach Marktlage etwa ein bis zwei Monate in hochmodernen Klimakammern – wobei Nordfrost nach Qualitätsstandards gemäß IFS Logistics und IFS Food arbeitet und für Bioprodukte zertifiziert ist. Danach werden die Kartoffeln per Lkw entweder lose oder in Big Bags innerhalb Deutschlands sowie in angrenzende europäische Länder transportiert“, berichtet Philipp Brandstrup, Niederlassungsleiter des Nordfrost Seehafen-Terminals.

Zuvor sind die Kartoffeln auf dem Seeweg nach Europa unter exakter Einhaltung der Kühlkette bei plus vier Grad Celsius etwa zwei bis drei Wochen unterwegs. „Seit Anfang 2021 wird Wilhelmshaven im Rahmen eines von der Reederei Sealand betriebenen Nordafrikadienstes direkt von Alexandria aus angelaufen. Dadurch entfallen die Transshipments, die bis dato über Felixstowe beziehungsweise Bremerhaven erforderlich waren. Das wiederum führt zu Kosteneinsparungen, was diese Lieferkette in Zukunft für noch mehr Importeure interessant machen dürfte“, erläutert Brandstrup. Bei Bedarf hat Nordfrost für seine Kunden aber auch schon Verschiffungen aus den Häfen in Port Said und Damiette nach Wilhelmshaven ermöglicht – zumeist in den Monaten Februar bis Mai, zur Ergänzung des heimischen Kartoffelangebots. Rund um die Logistikkette attestiert Brandstrup den Häfen in Ägypten eine gute Funktionalität. „Im Ergebnis sehen wir, dass die Anbindung klappt. Hier in Wilhelmshaven punkten wir zudem mit kürzesten Wegen und schnellsten Prozessen“, ist er überzeugt. Bevor die Kartoffeln jedoch auf das Schiff und damit in den Zuständigkeitsbereich von Nordfrost kommen, haben sie bereits mehrere Stationen in der Supply Chain in Ägypten durchlaufen. „Je nach örtlicher Lage der Farm variieren die Distanzen für einen bestimmten Container zwischen dem Leerdepot bis zum Schiff, was eine besondere logistische Herausforderung bedeutet“, weiß Peter Dankers, Geschäftsführer von Dankers Daltex Europe, zu berichten.

„Die Nachfrage nach Pkw und Lkw wird weiter wachsen.“

Josef Nasr, Geschäftsführer Jade Car Logistics AML Ship Management

Einlagerung der Kartoffeln bei Nordfrost

Weichenstellung für Umgestaltung und Nearshoring

In Anlehnung an einen bekannten Werbespot aus den 80er-Jahren gilt demnach sowohl für diese Unternehmen als auch für die fünf vorgestellten Länder: „Es gibt viel zu tun, packen wir’s an!“ Demzufolge sieht Kröning beim Blick nach vorn gleich mehrere Herausforderungen: „Mittelfristig wird es spannend, wie es diesen Ländern gelingt, den Willen der Bevölkerung nach politischer, wirtschaftlicher und sozialer Entfaltung produktiv zu gestalten. Auffällig ist, dass sich bisher aufgrund der unterschiedlichen außenpolitischen Rahmenbedingungen kaum eine intraregionale Zusammenarbeit entwickelt hat. Das muss sich ändern. Genauso wichtig wird für die Region jedoch sein, inwiefern es gelingt, die in Marokko und Tunesien angestoßenen Reformen auszubauen und zu vertiefen.“

„Tunesien und Marokko sind bereits heute erfolgreiche Produktionsstandorte für die deutsche Wirtschaft. Nicht zuletzt durch die Coronakrise wird Nordafrika bei einer Verlagerung von Beschaffungsaktivitäten in nahe gelegene Regionen der EU zusätzlich an Bedeutung gewinnen“, ergänzt Kalhöfer. Parallel dazu hat er festgestellt, dass sich die Länder im Norden des afrikanischen Kontinents schon jetzt gezielt als mögliche Partner zum Aufbau wirtschaftlicher Beziehungen nach Subsahara-Afrika ins Spiel bringen. „Derzeit ist vieles dort noch Wunschdenken – doch mittelfristig bietet die AfCFTA hier eine realistische Perspektive für mehr Handel und Investitionen im Rahmen der größten Freihandelszone der Welt“, ist sich der GTAI-Experte sicher. (bre)

„Im Ergebnis sehen wir, dass die Anbindung klappt.“

Philipp Brandstrup, Niederlassungsleiter des Nordfrost Seehafen-Terminals

Ägypten ist für Bremen der wichtigste Handelspartner in Nordafrika

Die Zahlen der Handelskammer Bremen für 2020 ergeben ein Bild, das sich in vielen Bereichen mit dem aus Niedersachsen deckt: Auch hier ist Ägypten, wenn man den Wert der ein- und ausgeführten Waren addiert, mit einem Handelsvolumen von 124,5 Millionen Euro der wichtigste der fünf Handelspartner Bremens in der Region Nordafrika. Es folgen mit jeweils großen Abständen Marokko (47,02 Millionen Euro), Tunesien (23,05 Millionen Euro), Algerien (11,09 Millionen Euro) und Libyen (0,57 Millionen Euro). Deutlich weniger starke Abweichungen weist die Statistik auf, wenn es um die Anzahl der Unternehmen aus Bremen geht, die Handelsbeziehungen mit den genannten Ländern unterhalten. Dabei dominiert auch hier das Interesse an Ägypten (mit 76 Unternehmen aus Bremen) vor Marokko (65), Tunesien (60), Algerien (54) und Libyen (52).

Bezogen auf die wichtigsten Warengruppen, die zwischen Bremen und den Handelspartnern ausgetauscht werden, führen bei der Ausfuhr nach Ägypten Marokko und Tunesien vor allem Kraftwagen und Kraftwagenteile die Liste an. Nach Algerien werden indes hauptsächlich Nahrungs- und Futtermittel exportiert, während Libyen größtenteils auf Maschinen „Made in Germany“ setzt. Im Gegenzug stehen bei den Bremer Einfuhren Nahrungs- und Futtermittel aus Marokko, Kraftwagen und Kraftwagenteile aus Tunesien, landwirtschaftliche und Jagderzeugnisse aus Algerien, sowie Maschinen, Apparate und mechanische Geräte aus Ägypten hoch im Kurs.

Insgesamt zeigt sich, das Ägypten nicht nur in Afrika und Fernost, sondern auch international einen besonderen Stellenwert genießt. So überrascht es nicht, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) Ägypten als einem von nur wenigen Ländern für 2020/2021 ein Wirtschafts-wachstum von 2,8 Prozent prognostiziert. Einen nicht unerheblichen Anteil zur positiven Handelsbilanz zwischen Bremen und dem Land am Nildelta dürfte auch die Tatsache beigetragen haben, dass die Bundesregierung im vergangenen Jahr die Auslieferung von neun Patrouillenbooten und einem Küstenschutzboot dorthin genehmigt hatte. Alle Einheiten dieses Pakets wurden von der Bremer Lürssen-Gruppe gebaut. (bre)

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